Lone Wolf & Cub – Master-Edition 3

4. August 2022
2 Minuten Lesezeit

Die dritte massige Ausgabe der „Lone Wolf & Cub Master Edition“ gibt dem Genre Samurai zugewandten Leser:innen alles, was man erwartet und übertrifft diese Erwartungen sogar.

In dieser vom Autor Kazuo Koike und Zeichner Gôseki Kojima entworfenen Reihe, die ganze 28 Bände umfasst, tauchen wir tief in die kulturellen Gegebenheiten, Rituale und Legenden der sagenumwobenen Ära der Samurai zur Edo-Zeit (1603-1868) ein.

Wie bisher gewohnt erhalten wir mit dieser gebundenen Hardcover Ausgabe des Panini Verlags ein Glossar im Anhang.

Schnitttests, Waffen und eine schwere Kindheit

Diese dritte Master Edition beginnt mit einem tonsetzenden Kapitel. Darin wird der ehrenhafte Titel des Asaemon beleuchtet. Dieser Titel und die Tätigkeiten des ausführenden Samurai waren die einer höchsten Schwertkunst gleichzusetzen, denn dieser war der Qualitätsprüfer eines neuen Katana für den Shogun. Die Beamten des Shoguns fürchten nun langsam, dass der Eklat um die Famile Yagyu, die in einem Komplott die Frau der Hauptfigur Ogami Itto tötete und ihn außerdem seines Amtes enthob, an die breitere Öffentlichkeit gelangen könnte. Dies hätte große schwerwiegende politische Konsequenzen für alle Beteiligten. So scheint es also logisch, den Asaemon auf die Jagd zu entsenden und den in Ungnade gefallenen einsamen Wolf Ogami Itto töten zu lassen. Der Ausgang ist wohl klar.

Im Weiteren begibt sich die Geschichte in Bereiche der Technologie, des kulturellen Austauschs und auch noch tiefer in die Gefühlswelt des Kleinsten; beginnend mit der Begegnung von Feuerwaffen, im Speziellen einem Büchsenmacher und einer für japanische Waffentechnologie revolutionären Erfindung. Er entwickelte nicht nur ein Gewehr mit mehreren Läufen, dass Ogami manches Mal verwenden wird. Besagter Entwickler hat sogar eine frühe Form einer repetierenden Rotationswaffe entworfen, einer Gatling-Gun. Diesen Mechanismus wird der einsame Wolf nicht nur aus Pragmatismus, sondern auch aus einem Versprechen dem Erfinder gegenüber in seinen Wagen einbauen und so manche Situation in Unterzahl damit siegreich verlassen. Somit ist Ogami Itto auf seinem unausweichlichem „Weg der Verdammnis“ nun auch mit modernster, die Samurai-Kaste in der Realität ablösende Waffentechnologie ausgerüstet.

Doch geschieht vor allem in dieser Ausgabe etwas, das in bisherigen Kapiteln nur angedeutet wurde. Das Innenleben des nahezu stummen und eisenharten Kindes Daigoro wird in den Fokus gestellt. Er erhält viele Kapitel und eigene Geschichten, in denen Ogami nur als Problemlöser fungiert und sich dabei teilweise laut fragt, was dort eigentlich los sei. Umso schwerer fällt es in einigen Kapiteln, den kleinen, tapferen und dennoch nach Harmonie und Liebe ächzenden Dreijährigen zu beobachten, wie er seine Tage in Einsamkeit verbringt. Er ist – streng nach der Lebensweise seines Vaters – steinhart, verzieht keine Miene und lässt sich keine Schwäche vor anderen ansehen. Allerdings fühlt man, wunderbar ergreifend dargestellt, wie sehr es ihn schmerzt, nicht in einer liebevollen Familie zu leben, fernab von Tod und Leid.

Ikonische Bilder

Es hört nicht auf mit dem Lob. Auch diese Ausgabe zeigt wieder einmal ein unglaublich hohes Niveau an Zeichenkunst. Die Szenerien sind sehr atmosphärisch; manchmal gleich einem Gemälde mit weichen Aquarellflächen, manchmal hart, kantig und brachial. Einige der Bilder erinnern zudem an die traditionellen farbigen Holzschnitte, die man eben auch zu dieser Zeit anfertigte.

Die gezeigten Emotionen des Daigoro werden so grandios gezeichnet, dass der Funke nicht nur überspringt, sondern teilweise wirklich tief trifft. Das, was dem Vater an Expressivität fehlt, legt Gôseki Kojima alles dem Sohn in die Gesichtszüge. Sehr beeindruckend ist auch, wie häufig man das Gefühl bekommt, diese oder jene Einstellung und Perspektive in anderen Filmen oder Serien wiederzuerkennen.

Als angemessener Kritikpunkt sollte allerdings auch gesagt werden, dass die Fülle der Figuren und dann doch recht ähnlichen Charakterentwürfe schon zu Verwirrungen geführt haben. Soll heißen, dass so mancher grimmiger Samurai dem Protagonisten zum Verwechseln ähnlich sieht in seiner Darstellung.

Fazit
„Lone Wolf & Cub – Master Edition 3“ bleibt eines der besten Reprints, die man derzeit finden kann. Die Geschichten sind fantastisch, die Zeichnungen herausragend in Technik und Atmosphäre und die Figuren gewinnen an Dimensionen, die man ihnen anfänglich nicht zugetraut hätte. Als einziger allgemeiner Kritikpunkt an dieser Ausgabe müssen die vornehmlich in der ersten Hälfte häufigen Fehler im Lektorat, also fehlende oder überschüssige Buchstaben, sowie offensichtlich falsche Wörter, angemerkt werden. Eine ganze Doppelseite scheint zudem aus dem Format geraten zu sein, da die schwarzen Flächen der Panels auf den vorigen Seiten eben immer bis zum Rand verliefen und keinen weißen Druckrand besaßen. Diese formalen Dinge außer Acht lassend, ist die hochwertige Verarbeitung und die fantastische Geschichte ein Muss für jeden Menschen, der sich als interessiert am Genre Samurai beschreiben würde.
Pro
Eingehende Erkundung der Samurai-Kultur, fesselnde Charakterentwicklung, Einführung moderner Waffen für zusätzliche Intrigen, emotionale Darstellung von Daigoro, ikonische und atmosphärische Kunstwerke.
Kontra
Verwechslung mit ähnlichen Charakterdesigns, gelegentliche redaktionelle Fehler, für einige Leser möglicherweise intensive emotionale Szenen.
9.6

Lars Hünerfürst

Minimalistisch und musikalischer Comic Enthusiast - lief zu Fuß von Berlin nach Paris.

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