Marvel Must-Have: Secret Invasion

15. Dezember 2021
3 Minuten Lesezeit

2008 stellten Brian Michael Bendis und Leinil Francis Yu mit „Secret Invasion“ den Marvel Kosmos vor eine neuartige Situation, die große Wellen schlagen sollte.

Der Re-Print im schmucken Hardcover unter dem Label „Marvel Must-Have“ bietet wie gewohnt reichliche Zusatzinformationen zum Entstehungskontext dieses Werks, einen Zeitstrahl zur Genese des Skrull-Konflikts, weiteres Nerd-Wissen aus der Marvel-Welt und eine Cover-Galerie.

Die Handlung

Der unmittelbare Ursprung dieser Geschichte liegt beim „Civil War“, geschrieben von Mark Millar und gezeichnet von Steve McNiven. Die Ereignisse dieses Events führten zu einer Spaltung des Marvel-Kosmos in legale und illegale Helden. Das Misstrauen und eine Stimmung der Delegitimierung heldenhafter Taten setzen den Ton. Die Spaltung der Welt in „gut“ und „böse“ ist nicht mehr so einfach, wenn überhaupt noch klar zu definieren. Und dann passiert es, was das instabile Geflecht aus Vertrauen und Loyalität in seinen Grundfesten erschüttern wird.

Plötzlich tritt ein Skrull-Weltraumschiff in die Erdatmosphäre ein. Die illegalen wie auch die vom Staat legitimierten Helden machen sich auf, um die Ankömmlinge zu begrüßen. Allerdings rechnet niemand damit, dass sie sich nun selber gegenüberstehen. Es treten Doppelgänger aus dem Schiff, die teilweise in älterer Erscheinungsform – also dem Figurendesign – von sich behaupten, der echte Spider-Man, Wolverine oder Luke Cage zu sein. Es entbrennt ein Gefecht, in dem sich niemand sicher sein kann, wer nun die Wahrheit behauptet. Doch damit nicht genug, enthüllen sich in vielen administrativen Stellen wie der S.H.I.E.L.D., im Stark-Tower oder im Labor und Heimat der Familie Richards die „Skrull-Schläfer“.

Der globale Angriff wurde gestartet, Starks Technologie mit einem Virus infiziert und somit die gesamte staatlich kontrollierte Fraktion der legalen Helden außer Gefecht gesetzt. Die internationale Kommunikation bricht zusammen und die über Jahre hinweg installierten Skrulls geben sich langsam zu erkennen. Sie haben die gesamte Welt in allen politischen Systemen und sozialen Schichten erfolgreich infiltriert.

Zusätzlich entsendete das Skrull-Imperium zahlreiche Flotten und Krieger, um den Widerstand der Erdbewohner zu brechen und diese zu unterwerfen. Es entstehen gigantische Schlachten in Marvel-Manier. Einige Wendungen verschieben des Öfteren den möglichen Ausgang dieses Kriegs, wobei jedoch klar ist, dass die Helden gewinnen. Die Fragen, die bleiben, sind: Wer ist trotzdem noch Skrull? Wer hat sich noch versteckt? Wem kann man trauen?

Gesellschaftliche Kritik!?

Diese zentralen Themen dieses Events zeigen exemplarisch wie grundlegend skeptisch und auch angstdurchzogen die US-amerikanische Bevölkerung 2008 noch war. Das selbstoffenbarende Bild einer Gesellschaft, die nicht weiß, wer „der Feind“ ist und wofür ein jeder eintritt, zeichnet sich bis in die heutige Zeit der polarisierenden Politik und Missinformationskampagnen ab. Wem soll man denn nun glauben, wenn nicht einmal sicher ist, dass ein Idol wie Captain America für die amerikanische Sache kämpft? Ist möglicherweise der eigene Präsident ein „Skrull“ – im historisch gewachsenen amerikanischen Kontext – ein Kommunist oder gar Freund islamischer Staaten? Diese heiklen und populistisch instrumentalisierten Behauptungen führen zu Angst, die dann wiederum ausgenutzt wird. „Secret Invasion“ macht die Konsequenzen solcher Panik mit der großen Wendung, dem Cliffhanger zum Schluss umso deutlicher.

Der Stil

Der Zeichenstil von Leinil Francis Yu strahlt Superheldentum aus jedem Bild aus. Epische Schlachten, Explosionen, Laser, fliegend Fäuste, Capes und Magieblitze zeigt dieses Event in großer Anzahl. Dabei sind die Figurendesigns und ihre Züge relativ kantig, nicht ganz so glatt und gefällig wie derzeitige Werke – beispielsweise „Marauders“ oder „Black Widow“ – und haben dennoch etwas an sich. Es ist auch nicht zu verachten, dass dieses Werk nun mittlerweile 14 Jahre alt ist und im zeichnerischen Geschmack immer schon viel Bewegung herrschte.

Die männlichen Figuren sehen häufig viel männlicher aus, mit massigeren Kinnpartien, mehr Muskeln und mehr „Power“, als man es heute vielleicht auf die Seite bringen würde. Die dazu einhergehenden Schraffuren und Cross-Hatches geben den Bildern einen rauen und dreckigeren Look, der sich jedoch gut ins Szenario einpasst. Hingegen sind weibliche Figuren – wie so oft im Comic – aus pikanten Posen zu sehen, also viel Hintern und halbnackte Brust.

Abgesehen von Splashpages, die auch gerne eine Doppelseite einnehmen, ist die Struktur recht klassisch. Nur einige wenige Seiten fallen durch eine überlagernde oder zumindest nicht von Weiß umrahmte Panelstruktur auf. Dies hilft jedoch ungemein, da die tendenziell übervoll gepackten Bilder so zumindest einer klaren Leserichtung folgen. Die Farben wirken auch gedeckter, als man es heute vielleicht bevorzugt. Dies ist keinesfalls besser oder schlechter, denn sie sind der Geschichte und Atmosphäre angepasst. Knallig bunte Farben würden möglicherweise die Dramatik und Relevanz weniger drastisch wirken lassen.

Fazit
Hat man „House of M“ und „Civil War“ gelesen, so sollte man sich „Secret Invasion“ definitiv ansehen. Das 224 Seiten starke Hardcover bietet epochalste Massenschlachten, einen spannenden Ansatz, die Gesellschaft zu betrachten, und könnte zudem noch eine größere Rolle in folgenden MCU Produktionen spielen. Wer weiß, vielleicht werden Superhelden-Filme in der Zukunft noch erheblich sozialkritischer oder sogar Vertreter von Medienkritik? Als Fan von massigen Marvel-Events lohnt sich dieses Must-Have auf jeden Fall. Zumal seit September 2021 eine sechsteilige Serie zu diesem Event gedreht wird.
Pro
Fesselnde Gesellschaftskritik, epische Superheldenkämpfe, fesselnde Handlung, relevanter Kontext und potenzielle MCU-Auswirkungen.
Kontra
Einige veraltete Charakterdesigns, gelegentliche Objektivierung weiblicher Charaktere und eine Vorliebe für eine gedämpftere Farbpalette
8.6

Lars Hünerfürst

Minimalistisch und musikalischer Comic Enthusiast - lief zu Fuß von Berlin nach Paris.

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