The Scumbag 1 – Kokainfinger

30. April 2022
2 Minuten Lesezeit

Große Gefahren, faschistoide Untergrundorganisationen, apokalyptische Bedrohungen für den Planeten und der Einzige, der die Welt retten kann, ist ein echter Drecksack. Man würde diesem fragwürdigem „Helden“ keinen Moment Verantwortung für irgendwas oder irgendwen übertragen, doch wie es das Schicksal will, muss er die Welt retten.
Dieses zweifelsfrei nicht jugendfreie Setting von „The Scumbag“, gespickt mit zahlreichen kritischen Kommentaren und einer gehörigen Menge Kapitalismuskritik, stammt aus der Feder des mit „Deadly Class“ erfolgreichen Autors Rick Remender.

Besonders spannend ist zudem die künstlerische Umsetzung, die in jedem Heft von einem anderen Zeichner hochwertig präsentiert wird. Dieses Konzept ist ein Bestandteil dieser Reihe, wird also weiterhin so gepflegt.

„The Scumbag“ erscheint im Softcover Paperback bei Panini Comics mit zahlreichen Variant-Covers im Anhang.

Ein Mann wie eine Pfütze Durchfall

Ernie Ray „The Scumbag“ Clementine ist wahrscheinlich einer der moralisch zerrüttetsten und abscheulichsten Menschen, die man in New York finden kann. Er beklaut die Heilsarmee, um sich Heroin zu besorgen, das er sich mit runtergelassener Hose und sprühender Diarrhöe in der Fußgängerzone kniend spritzen will. Ihm entgleitet die Spritze und er jagt seinem Shot hinterher. Dabei gerät er inmitten eines Kampfes zweier offensichtlich übermenschlichen Agenten unterschiedlicher Organisationen. Wie es das Schicksal will, spritzt sich der Drecksack das potente und hochtechnisierte Mittel zur Bekämpfung der weltweiten Bedrohung. Er muss auch sofort in den Dienst treten, denn eine Bombendetonation soll die ganze Stadt in zehn Minuten erwischen. Die Drahtzieher dieses Anschlags, die faschistische Organisation „Scorpionus“, planen die Übernahme der Weltmärkte und schließlich des gesamten Globus.

Der Agent Drecksack lässt sich breitschlagen, dies zu verhindern. Allerdings nicht ohne vorher absurdeste Forderungen (wie einen Reisekoffer voll mit allen verfügbaren Drogen, einem fliegenden Firebird, einer Sexpuppe mit KI und einem Privatkonzert von Judas Priest) zu fordern. So nimmt er den Kampf auf, natürlich nicht ohne zu jeder Gelegenheit klar zu machen, wie wenig gewillt er ist, dies zu tun. Er und seine Partnerin, derer gegenüber so manch dreckiger Spruch fällt, machen sich also in geheimer Mission auf, um die Welt zu retten. Wären die Absichten des Agenten Drecksack nur nobler, so hätte dieser Zugriff auf ein breites Arsenal an übermenschlichen Fähigkeiten. Ist die Erde also wirklich verloren, weil Ernie einer der egoistischsten und dümmsten Menschen dieses Planeten ist?

Fünf Hefte, fünf Stile

Das absichtlich gewählte Konzept, jedes Heft von einem anderen Künstler umsetzen zu lassen, kann auf den ersten Blick so wirken wie ein gewöhnlicher Superhelden-Comic. Doch muss gesagt werden, dass die Stile von Lewis LaRosa, Roland Boschi, Eric Powell, Andrew Robinson und Remenders langjährigem Partner Wes Craig eine wunderbare Fusion der Stile ergeben.

Die Farben werden in allen Ausgaben von Moreno Dinisio beigesteuert, was den Look und das Gefühl der Bilder zusammenfügt und leichter verschmelzen lässt.

Beginnend mit den unglaublich detailreichen und atmosphärisch dichten Bildern des Lewis LaRosa wirft einen diese Geschichte in die Handlung. In sehr vielschichtigen Szenen und realistisch anmutendem Lichtspiel setzt LaRosa den Ton für das, was folgen wird.

Ein harter Wechsel zu den Zeichnungen Andrew Robinsons folgt mit Heft 2. Interessant dabei ist jedoch, dass die Künstler versuchen, eine kohärente Linie zu entwerfen, was ihre Figurendesigns und Szenerie betrifft. Man kann also noch stilistische Überhänge aus dem vorigen Heft sehen. Selbst wenn man dann mal vom visuellen Wechsel überrumpelt wird, es sich lieber noch ein wenig länger ansehen wollte, wie ein gewisser Künstler etwas darstellt, fällt dies nicht wirklich ins Gewicht. Das geschriebene Wort, die Absurditäten des schamlosen Humors und die häufig als „ab 18“ zu bewertenden Szenen tragen dieses Werk mit jeder Seite.

Fazit
Rick Remenders „The Scumbag“ zeigt par excellence, was Comic für Erwachsene kann. Der lächerlich absurde Humor, die Momente der Fremdscham, zeichnerische Höchstleistungen der jeweiligen Künstler und ein Plot, der mit Überraschungen und brachialen Konsequenzen gespickt ist, machen dieses Werk zu einem wirklichen Tipp. Wenn man „Deadpool“ und „Deadly Class“ mag, wird man diese Reihe lieben!
Pro
Einzigartiges, auf Erwachsene ausgerichtetes Setting, faszinierender Protagonist, absurder Humor, innovative, abwechslungsreiche Kunststile, fesselnde Handlung.
Kontra
Nicht für ein jüngeres Publikum geeignet, der abstoßende Protagonist spricht möglicherweise nicht alle an, irritierende künstlerische Stilwechsel, die erzählerische Komplexität könnte einige überfordern.
9.6

Lars Hünerfürst

Minimalistisch und musikalischer Comic Enthusiast - lief zu Fuß von Berlin nach Paris.

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