The Scumbag 2 – Moonflower

26. Juli 2022
3 Minuten Lesezeit

Die Welt ist korrupt, skrupellos und niemand kann etwas tun. Doch! Es gibt einen Mann, der genau das macht. Er ist der größte egoistische, sexistische und drogenabhängigste Kerl, den der Planet Erde wohl gesehen hat. Sein Name: Ernie Ray „The Scumbag“ Clementine.

Der von „Deadly Class“-Fans geliebte Autor Rick Remender hat mit diesem Projekt seine scharfsinnigen Kommentare zur Gesellschaft in diesem Projekt weitergeführt.
Das Konzept dieser Reihe sieht vor, mit jedem Heft andere Zeichner:innen zu präsentieren. Diese bunte Mischung verschiedener Stile ist überraschend gut.

Die Reihe „The Scumbag“ erscheint bei Panini Comics und ist aus guten Gründen mit einer Leseempfehlung ab 18 beschriftet.

Friede, Freude, Hippietum

Nach den jüngsten Ereignissen des ersten Bandes (der Rettung der Welt vor der äußerlichen Vereinheitlichung der Menschheit und der Wiederbeschaffung eines ominösen Geldkoffers) hat sich Ernie – der Drecksack Clementine – eine Pause verdient. Mit seinen Reichtümern und dem Ansehen, die Welt gerettet zu haben, genießt er seine Zeit in seinem eignen Paradies. Seine Villa ist randvoll mit Stripperinnen und Drogen, seine Lieblingsband Judas Priest spielt rund um die Uhr im Hauptsaal und er wird von wissbegierigen Journalisten ob seines Lifestyles und seinen Kräften interviewt. Da er von früh bis spät extrem zugedröhnt ist und niemand ihn versteht, hat der Ingenieur seines Arbeitgebers – Mutter Erde – ihm eine Crack-Pfeife mit Simultanübersetzer gebaut.

Es stehen jedoch neue Bedrohungen auf dem Plan. Die Organisation „The Hive“ – der Bienenstock – plant via Gedankenkontrolle die Erde durch Kollektivierung der Gedanken zu befrieden. Immer wieder zeigt sich, dass auch die im ersten Band vorgestellte Untergrundorganisation Scorpionus ihre Finger im Spiel hat. Nicht zuletzt, weil Agent Drecksack höchstpersönlich ein doppeltes Spiel spielt. Sie haben ihn rekrutiert, um ihnen den Antiverse-Spiegel zu stehlen. Ein Gerät, das eine Anti-Version von allem erschaffen kann. Ernie selbst wird in den „Genuss“ dieses Spiegels kommen.

Um die weltweite Unterjochung der Gedanken zu verhindern, werden Ernie, sein persönlicher Sex-Bot, der die Kopulation mit Erne aus vielerlei Gründen ablehnt, seine Partnerin Schwester Mary, die Insiderin Petal und der Ingenieur Bruder Wolf auf den Mond geschickt. Sie werden von einem Quartett aus Superwesen mit skurrilen Fähigkeiten erwartet und geraten in einen Hinterhalt.

Nun hängt es an Ernies fehlendem moralischem Kompass, der Kooperation mit seinen ihn hassenden Partner:innen und einigen überraschend witzigen Wendungen, ob der Untergang der Welt abgewendet werden kann.

Wie bereits im vorigen Band erhebt Remender in seinen Dialogen und den überzeichneten Figuren regelmäßig den mahnenden Finger und legt diesen ordentlich gesalzen in so manche klaffende Wunde unserer Gesellschaft. Die fabelhafte Mischung aus Humor, der über Grenzen geht, vielen exzellenten Figuren und ebendieser scharfen Kritik an Konzernen, Ideologien und Popkultur macht auch diesen zweiten Band zu mehr als reinem Blödel-Spaß für Erwachsene.

Eine Show der angesagten Zeichner

Den Auftakt macht der französische Zeichner Bengal. Seine Bilder sind klar, schnörkellos und erinnern an den Stil einer Cartoon- und animierten Serie. Dies ist ein passender Stil für den sehr leichten und witzigen Einstieg dieses zweiten Bandes. Besonders viel Tiefe oder Atmosphäre entsteht hierin jedoch nicht. Es ist tendenziell witzig und frisch.

Francesco Mobili, derzeit gefeiert als Zeichner von „Daredevil“, trumpft im zweiten Heft mit einem krassen Kontrast zum vorangegangenen Kapitel auf. Sehr viel feinere Linien und an Details reichere Panels erwarten einen in diesem zweiten Kapitel. Er trifft die Tonalität der von Drogen gezeichneten Figur Ernie exzellent.

Das achte Heft wurde vom bisher mehr im Independent-Comic arbeitende Alex Riegel illustriert. Seine Bilder leben von harten geometrischen Formen und einem Figurendesign, das sichtlich Karikaturen ähnelt. Die Formgebung ist ein harter Kontrast zum vorigen Zeichner, unterstützt jedoch abermals das Erzählte der Ausgabe.

Im vorletzten Kapitel zeigt Jonathan Wayshak (WAY$HAK), wie der Mut zur Hässlichkeit gnadenlos gut im Kontext dieser Geschichte umgesetzt werden kann. Die an Schraffuren und Schatten übersatten Bilder, auf denen Gesichter zu sehen sind, die an Kobolde erinnern und Grimassen ziehen, sowie eine eindrucksvolle doppelseitige Splashpage der „Ernie-Welt“ zeigen, warum Wayshak genau der Richtige für diese Reihe ist.

Zum Abschluss dieses zweiten Bandes bringt der aus „Coda“ bekannte Künstler Matías Bergara all sein Können ein. Seine Bilder sind wild, voller Details, reich an Struktur und expressiven Posen. Somit endet dieses zweite Paperback auf einer sehr lauten und schrillen Note. Es ist mehr als passend, dass diese Reihe mit einem Cliffhanger in diesem Stil endet.

Die Farben aller fünf Hefte werden von Moreno Dinisio eingesetzt. Dies schafft einen durchweg kohärenten Eindruck, was trotz der großen Vielfalt an Zeichenstilen zu einem recht homogenen Äußeren führt. Wundervoll anzusehen ist außerdem, wie Dinisio sich den Stilen der Zeichner anpasst und ihre jeweiligen Stärken hervorhebt.

Fazit
„The Scumbag“ ist eine überaus unterhaltsame, an die Grenzen des „guten Geschmacks“ gehende und schön anzusehende Comic-Reihe. Der provokante Schreibstil Remenders, dessen Humor sich in nahezu jedem Dialog als unterhaltsam und scharf beschreiben lässt, sowie die fantastischen Künstler machen das zweite Paperback „The Scumbag 2 – Moonflower“ mindestens so gut wie den Start. Man sollte nicht erwarten, eine Down-to-Earth oder gar realistische Geschichte zu erhalten, denn es ist alles andere als das! Dafür bekommt man eine satte Ladung übertriebener Szenen, grotesker Figuren und scharfer Seitenhiebe zum Kapitalismus und Korruption. Fantastisch und drüber und nur für Erwachsene.
Pro
Scharfe Gesellschaftssatire, vielfältige Künstlerzusammenarbeit und unterhaltsam absurde Handlung.
Kontra
Grafische Inhalte sind möglicherweise nicht für alle geeignet, die Erzählung ist für einige chaotisch und unterschiedliche Kunststile sind möglicherweise nicht für alle geeignet.
9.2

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Über den Autor

Lars Hünerfürst

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