Catwoman von Ed Brubaker 2

15. März 2022
3 Minuten Lesezeit

Der Eisner-Award prämierte Kriminalautor Ed Brubaker hatte sich in den frühen 2000ern der Katzenlady verschrieben. Zusammen mit einem wechselnden Zeichnerteam, bestehend aus Brad Rader, Cameron Stewart, Guy Davis und Javier Pulido, ist dieser 15 Hefte beinhaltende Megaband entstanden.

Mit seinen mächtigen 412 Seiten Lesevergnügen und den interessanten und spannenden Geschichten lockt dieser Comic auch Neulinge der Abenteuer von Selina Kyle alias Catwoman in den Comicladen.

Erschienen ist dieser massive Crime-Megaband bei Panini Comics als Softcover und bietet neben brillant erzählten Geschichten eine Pin-up-Cover-Galerie im Anhang.

Deri Perspekti

Im ersten Teil dieser von Brubaker verfassten Megaband-Reihe, wird den Leser:innen der aktuelle Status quo Selina Kyles näher gebracht. Die konsequente Fortsetzung dieser Exposition ist die konfliktgeladene Auflösung.

Wie man bereits auf dem Cover dieses zweiten Teils sehen kann, erntet die Reihe nun, was sie vorher gesät hatte. Die Figuren Slam Bradley und Holly Robinson wurden bereits umfangreich eingeführt und werden nun elementare Bestandteile des Storytellings. Sie tragen die Handlung zu großen Strecken und komplementieren mit ihrer Perspektive das Geflecht um Catwoman.

Man kann vor seiner eigenen Geschichte nicht davon laufen. Diese schmerzliche Erfahrung macht Selina Kyle in einer wichtigen Episode dieses Comics. Ihre Schwester Maggie und eine ehemalige Verbündete treten auf den Plan und es wird hässlich. Das Viertel Alleytown, in Gotham City für die hohe Kriminalität bekannt, wird von einer neuen Kraft gelenkt. Waisenkinder gehen auf Diebeszüge und machen so die umliegenden Viertel unsicher, ganz wie Selina, als sie noch Kind war. Beim Verfolgen der Spur trifft sie auf ihre einstige Gefährtin, die nun der Kopf der Organisation ist. Doch spielt diese ein falsches Spiel und hintergeht Catwoman, indem sie ihre wahre Identität an einen der gefährlichsten Killer der Stadt weitergibt. Die Rede ist von Blackmask.

An dieser Stelle kommt Maggie Kyle ins Spiel, die unter brutalster Folter erleben muss, wie ihr Mann zu Tode gequält wird. Diese Episode wird zwar nur selten explizit in seiner Gewaltdarstellung, geht aber mit spitzer Klinge direkt unter die Haut und verstört immens. Der „Suspense“ Hitchcocks, also das Nichtzeigen, greift in diesen Kapiteln brachial. Selina gelingt es, ihre Schwester Maggie mithilfe ihrer Freunde Slam und Holly zu retten. Doch der Preis für alle Beteiligten ist extrem hoch. Keiner geht heldenhaft und unberührt aus diesen Erlebnissen. Die wohl drastischsten Folgen hat Maggie, als mental gebrochener Mensch in einer geschlossenen Psychiatrie bis ans Ende ihrer Tage lebend, selber zu erleben.

In den folgenden Episoden wird vor allem Holly viel Raum erhalten, um ihre eigene Schuld zu bewältigen. Allerdings wird ihr auch ein Training der besonderen Art zuteil. Wäre das Leben einer Superheldin/Superdiebin nicht schon aufregend und kompliziert genug, so kommen auch Gefühle in diesem zweiten Teil nicht zu kurz. Eine Beziehung der besonderen Art zwischen Slam und Selina entwickelt sich. Dies als Anlass nehmend befasst sich Brubaker mit der Komplexität von Verlangen, Gewissen und Vernunft.

Zum Ende dieses Bandes werden einige Kapitel angefügt, die sicherlich zu Anfang treffender gewesen wären. Sie beleuchten einige Geschehnisse, die vor der Folter durch Blackmask stattgefunden haben. Diese Anordnung der Kapitel ist reichlich unlogisch und verwirrend, denn schlussendlich sind die Ereignisse um die Figuren dann auch schon wieder passé.

Ein stilistischer Retrovibe

Die erste Reaktion auf diese Art von Zeichenstil ist, dass sie aus der Zeit gefallen zu sein scheint. Keine fünf Seiten später hat es einen dann aber doch voll und ganz eingenommen. Die Figuren versprühen einen besonderen Charme und viel vermeintliche Authentizität der 70er Jahre. Die großen Katzenaugen und das an Cartoons erinnernde Design der Hauptfigur wie auch die markant kantige Gesichtsform des Detektivs Slam wirken schnell ikonisch und vertraut. Die teils klassisch wirkenden einfarbigen Hintergründe und die Skyline Gothams, dargestellt in schwarzen Silhouetten, geben der Atmosphäre ihr zugehöriges Sahnehäubchen.

Das Kostümdesign Catwomans und die Szenerie scheint seltsam anachronistisch, obwohl es zur Zeit der Erstveröffentlichung spielt. Dieser Eindruck verstärkt sich durch die Struktur der Panels. Teilweise klassische 9-Panel-Raster wechseln gekonnt mit 3 Panoramen-Panels oder verschränken sich in verspielten freieren Aufteilungen einer Seite. Dabei gelingt es den Künstlern immer, den Ton des Erzählten optimal zu unterstützen. Sicherlich hilfreich dabei sind auch die starken Kontraste der Farbgebung. Da Catwoman fast ausschließlich bei Nacht agiert, finden sich darin vermehrt blaue, violette und schwarze Töne. Die gegenüberstehenden Ereignisse in Gebäuden oder am Tage springen daher umso wirkungsvoller ins Auge.

Auch wenn sich in diesem Megaband vier Zeichner mit Brubaker an Catwomans Geschichte austobten, fällt dies fast nicht auf. Es gelingt den Künstlern, mit einer Ausnahme, den für diese Reihe prägenden Stil zu adaptieren. Daher sind die Zeichnerwechsel zwar erkennbar, es wird aber konsequent in einer Stilistik weitergearbeitet. Das ist sehr angenehm und es könnten sich einige große Reihen diesbezüglich daran orientieren.

Fazit
Auch der zweite massive Teil des Ed Brubaker Catwoman-Runs kann gnadenlos überzeugen. Die tiefgreifende Figurenentwicklung, der stilistische Überbau, schockierende Wendungen und spannende Fälle machen diese Reihe weiterhin zu einer zweifelsfreien Empfehlung. Selbst wenn man sich noch nie mit Catwoman anfreunden konnte oder sie als irrelevante Nebenfigur wahrnahm, wird diese Reihe einen überzeugen können. Interessante Kriminalgeschichten und verhältnismäßig wenig Superhelden-Geschwurbel können auch Comic-Leser:innen mit wenig Affinität zum konventionellen Superhelden-Comic fesseln und begeistern. Es scheint sich eine wirklich empfehlenswerte Megaband-Reihe abzuzeichnen, die mit Ed Brubakers Catwoman gerade im Re-Print erscheint.
Pro
Fesselndes Storytelling, tiefgreifende Charakterentwicklung, schockierende Wendungen in der Handlung, ikonischer Retro-Kunststil, starke Atmosphäre, nahtlose Zusammenarbeit mehrerer Künstler.
Kontra
Nichtlineare Anordnung der Kapitel, einige Verwirrung aufgrund der Platzierung der Rückblende, minimale Erkundung bestimmter Charakterbögen.
10

Lars Hünerfürst

Minimalistisch und musikalischer Comic Enthusiast - lief zu Fuß von Berlin nach Paris.

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