Deadpool – Schwarz, Weiß & Blut

25. März 2022
2 Minuten Lesezeit

Er ist degeneriert, brutal, obszön, witzig, selbstreferenziell und rot. Natürlich ist hier die Rede von Deadpool. Der Söldner mit der großen Klappe hat nun endlich auch ein eigenes „Deadpool – Schwarz, Weiß & Blut“ (Rot) erhalten. Schon so einige namhafte Figuren (u.a. Wolverine) durften sich dieser dreifarbigen Sonderbehandlung unterziehen. Selten jedoch hat man das Gefühl, dass die Autoren und Künstler die Figur alle ähnlich verstehen und interpretieren.

Dieses bei Panini Comics erschienene übergroße Hardcover Album glänzt mit Spotlack auf dem Cover und einer ersten Hommage an Spider-Man.

Das mit abgeschlossenen Kurzgeschichten gefüllte Werk präsentiert einige der talentiertesten und für die Figur Deadpool relevantesten Künstler:innen. Man trifft aber auch unerwartete Namen in diesem gelungenen Konglomerat aus Kreativität. Schreibend mit von der Partie sind: Tom Taylor, Ed Brisson, James Stokoe, David & Maria Lapham, Karla Pacheco, Daniel Warren Johnson, Jonathan „Jay“ Adam Saunders Baruchel, Frank Tieri, Stan Sakai, Christopher Yost, Sanshiro Kasama und Michael Dalton Allred. Zeichnerisch werden die Autoren von Phil Noto, William „Whilce“ Portacio, Pete Woods, Leonard Kirk, Paco Medina, Takashi Okazaki, Martin Coccolo und Hikaru Uesugi facettenreich unterstützt.

Aller Anfang ist schwer

Als Deadpool 1983 das erste Mal auf den bunten Seiten eines New Mutants Titels erschien, war dieser noch wenig originell. Zu dieser Zeit wurde die Welt des Comics kantiger, dreckiger, dunkler und gewaltvoller. Anfangs war der Schwerter schwingende Schwachkopf des Autors Rob Leifeld noch keineswegs ein Erfolg. Lediglich konnte man über ihn sagen, dass er eine Kopie des DC Helden Deathstroke im Marvel-Universum verkörperte. Dies war kein Geheimnis, sorgte dennoch für ein paar Kontroversen. Noch war er nicht der, den wir heute aus Filmen und Comics kennen. Erst mit der Neuerfindung und Weiterentwicklung durch Joe Kellys ist er zu dem herangereift, was man von einem Deadpool heute erwartet: Jede Menge Popkulturreferenzen, alberner Humor, exzessive Gewalt, skurrile Dialoge mit sich selbst und viel Selbstironie des Mediums Comic.

In dieser Sammlung „Schwarz, Weiß & Blut“ finden wir eben genau das. Fantastische Team-Ups mit neuen und alten Kolleg:innen der X-Men, Wiedersehen mit alten Kontrahenten, skurrile Missionen, Meta-Humor über das Comic als solches und natürlich schlitzende Schwerter und Mündungsfeuer aufgeheizte Feuerwaffen. Dabei sind die Mischung und Bandbreite ideal abgestimmt. Immer wieder kontrastieren die Tonalität und der Twist einer jeden Kurzgeschichte so, dass man von Anfang bis Ende nah dran bleibt. Es ist klar, dass die Figur Deadpool eben genau dazu einlädt. Schnelle Wechsel der Szenerie; Humor und Stil geben sich hier die Hand und bilden ein breites Bild des degenerierten Söldners mit der großen Klappe. Jeder Fan des Wade Wilson alias Deadpool wird dieses Format und seinen Inhalt verschlingen.

Die Stile

Dieses Format, also eine Art Anthologie zu einer Figur, bietet sich perfekt an, um seinen persönlichen Lieblingsstil zu finden. Die Illustrationen reichen vom Design aktueller digital gestalteter Optik, über schrille Zeichnungen im Stile einer Karikatur, den unverkennbaren Look des Stan Sakai bis hin zu Designs der Ära des 2000er Deadpools. Sehr schön ist auch, dass man hierin bereits einen Vorgeschmack auf die angelaufene Deadpool-Manga Stilistik erhalten kann. Dies wird sicherlich ebenso unterhaltsam, wie es schon diese in dieser Ausgabe befindliche Kurzgeschichte ist.

Die Farbe Rot wird unterschiedlich stark eingesetzt. Das im selben Konzept gestaltete Hardcover zu Wolverine hat schon gezeigt, was alles funktionieren kann. Deadpool hingegen sticht als rot gekleideter Witzbold einfach immer hervor. Es wird dann stellenweise nur durch die Blutfontänen oder sogar gänzlich monochromatisch kolorierte Episoden aufgelockert. Die unterschiedlichen Wege, mit diesen drei Farben zu arbeiten, ist wirklich absolut sehenswert. Zumal die minimalistisch einzusetzende Farbpalette unweigerlich zu einer stärkeren Verwendung von Farbgradienten, Schattierungen und einer meist vielschichtigen Optik führt.

Leseprobe aus „Deadpool – Schwarz, Weiß & Blut“. (Copyright: Panini Comics) Gerade weil Deadpool als Figur so wirr und chaotisch ist, kommt einem diese Fülle an abwechselnder visueller Gestaltung nicht komisch vor. Es ist sogar so, dass man diese Vielfältigkeit als grundlegend unterstützendes Element betrachten kann. Jede Geschichte eines jeden Künstlerteams verkörpert somit inhaltlich und visuell einen ganz eigenen, immer den Kern der Figur treffenden Aspekt.

Fazit
Sollte man bisher nur die Filme „Deadpool 1“ und „Deadpool 2“ kennen, aber zumindest ein gewisses Interesse an dieser Figur hegen, dann kann man zweifelsohne zu dieser Ausgabe greifen. Sie präsentiert sich umfangreich und abwechslungsreich, witzig und tragisch. Die namhaften Künstler:innen in diesem Werk geben ihrem Helden den nötigen Charme und präsentieren ihn so gut, dass man ganz dringend mehr vom Söldner mit der großen Klappe lesen will. Glücklicherweise hat Deadpool die japanischen Künstler inspiriert, den selbstreferenziellen Meta-Humor in ihrer eigenen Version zu verarbeiten. Der kleine und geschickte Einwurf, eigentlich schon recht schamlose Werbung, macht Lust, sofort darin lachend zu versinken. Deadpool holt wieder Schwung und spielt sich mit diesem Hardcover zurück in das Bewusstsein der Comic-Welt. Vielleicht ist es den Fans ja auch bald vergönnt, einen weiteren Film genießen zu dürfen. Bis dahin kann man mit „Schwarz, Weiß & Blut“ nichts falsch machen und erhält einen großen Rundumschlag besten Deadpooltainments.
Pro
Das Fehlen traditioneller Farben könnte dem Geschichtenerzählen eine stilistische und künstlerische Dimension verleihen und die visuelle Gesamtwirkung verstärken. Deadpools Charakter lebt oft von unkonventionellen und humorvollen Erzählungen, und dieses Format könnte eine Gelegenheit für kreatives Geschichtenerzählen bieten.
Kontra
Abhängig von den individuellen Vorlieben kann das Fehlen eines vollständigen Farbspektrums Auswirkungen auf die Gesamtästhetik für Leser haben, die traditionelle, vollfarbige Comics bevorzugen.
10

Lars Hünerfürst

Minimalistisch und musikalischer Comic Enthusiast - lief zu Fuß von Berlin nach Paris.

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