Hawkeye: Kate Bishop: Die Schnüfflerin

8. Juli 2021
3 Minuten Lesezeit

Mit dem Start der aktuell bei Disney+ laufenden Serie „Hawkeye“ ließ sich Panini die Veröffentlichung einiger Titel dieses Helden nicht nehmen. In dem Panini Ink Label fanden sich bisher immer Geschichten andersartiger Superhelden, die im Stil des „Coming-of-Age“ ihren Lebensalltag bestreiten mussten.

Das zwölf Kapitel starke, kleinformatige Paperback „Hawkeye: Kate Bishop – Die Schnüfflerin“ wurde von der renommierten Kelly Thompson („Deadpool“, „Black Widow“) verfasst und bricht das bisherige Genre ein wenig auf.
Gezeichnet haben diesen umfangreichen Handlungsbogen die Künstler Leonardo Romero und Michael Walsh. Carolin Hidalgo übersetzt den oftmals auf Wortspielereien basierenden Humor sehr treffend.

Die Handlung

Kate Bishop ist gerade angekommen an der Westküste, genauer gesagt Los Angeles. Ihre Ausbildung durch den männlichen Hawkeye Clint Barton will sie dort in einer eigenen Firma, der „Hawkeye Investigation“, für das Gute einsetzen. Sogleich stürzt sie sich also in die Arbeit und tut, was sie am besten kann: beschatten, verfolgen und Verbrecher am Tagwerk hindern. Durch ihre Aktivitäten gelangt sie zügig an die Kommissarin Riviera, die mit dem Temperament der neuen Hawkeye zuerst nicht viel anfangen kann; zumal Bishop noch immer keine offizielle Lizenz zur Verbrecherjagd besitzt.

Kate macht Bekanntschaften, die zu Freunden werden und erweitert so ihre sozialen Ankerpunkte. Der Computerfachmann Quinn hilft ihr bei der Beschaffung von Informationen, die Nachbarin Ramone und die zu Anfang gesuchte Mikka sowie Ramones Bruder werden fester Bestandteil ihrer Crew. Zusammen stellen sie sich den anstehenden Abenteuern, die an sich fast alle ziemlich „down-to-earth“ sind. Bis auf ein paar wenige Ausnahmen treten keine übernatürlichen Wesen, kosmische Bedrohungen oder von niederen Motiven geplagte Superschurken auf. Die Fälle, die Hawkeye bearbeitet, sind zumeist Vermisstenfälle oder einfach die Observation von Verdächtigen.

Doch schnell wird klar, dass irgendetwas in der Stadt passiert. Etwas scheinbar Übernatürliches, denn von mehreren Menschen erfährt sie, dass Studenten des Colleges einem Kult zu folgen scheinen. Der „TBC“ (Take Back Control) ist eine von Studenten bevölkerte Organisation, die ihren Ursprung in noch dunkleren Ecken der Unterwelt zu haben scheint.

Die unter allem liegende Motivation für Kate, das sich im Verlauf dieses Paperbacks als zentral entpuppende Motiv, ist die Suche nach ihrer Mutter. Mit Umwegen über den offensichtlich in zwielichtige Machenschaften verstrickten Vater gelangt sie an mehr und mehr Informationen. Damit einhergehend kommen einige unerwartete Personen aufs Spielbrett und es geschehen besagte übernatürliche Dinge. Doch ihre gemachten Freundschaften helfen ihr und gemeinsam werden sie auch diesen Konflikt meistern müssen.

In einigen Kapiteln treten zudem bekannte weibliche Heldinnen auf, die der Dynamik der Figuren einen weiteren interessanten Anschub geben. Jessica Jones besucht sie und hilft ihr bei der Bewältigung eines „Game of Thrones“-Problems. Wie auch die aus dem Film „Logan“ bekannte Laura Kinney, alias Wolverine, treten in diesem Paperback auf. Laura ist in Begleitung der Gabby, einer weiteren Wolverine und eines Vielfraßes, also einem Wolverine. Ihr Auftreten ist zwar sehr kurz, dafür aber umso „einschneidender“.

Kelly Thompson gibt ihren Figuren (vor allem Kate Bishop) eine sehr zeitgemäße Kommunikation, pfiffigen Witz und gleichzeitig empfindsame Stärke mit. Die vielen Referenzen auf die Popkultur wirken selten gestellt oder fingiert, sondern ganz natürlich und Kates Wesen sehr adäquat. Sie ist eine freche, wortgewandte und selten leise Frau, die mit viel Bewusstsein für ihre Fähigkeiten ihren oftmals komplizierten und physisch schmerzvollen Alltag bewältigt. Ihre Freunde und andere Begegnungen sind ebenso selten eindimensional und zeigen auch innerhalb kurzer Zeit eine menschlich nahbare Seite.

Es ist, wie bereits angedeutet, nicht der typischste Ink-Label Titel. Kate Bishop ist keine Schülerin oder Teenagerin mehr und es findet hier viel im College-Klientel statt. Die Suche nach ihren Eltern, einer Familie (ob selbstgewählt oder Blutsverwandte) und der Anerkennung ihrer Fähigkeiten ist etwas, das sich dann wohl am ehesten dieses Imprints zuordnen lässt. Außerdem wird in diesem Comic weitestgehend auf ausufernde Gewalt verzichtet, bis auf eine überraschende Selbstexplosion.

Die Zeichnungen lehnen sich an vorangegangenen Werken zu Kate Bishop an und zeigen sich in einer Mischung aus Retro-Look und modernen Panelstrukturen. Die Figuren erinnern in ihrem Design und Mimik öfter an die Comics der „Golden-Age“, jedoch in einem neuen Gewand und mit komplexeren Details. Die Szenerie bewegt sich zwischen einfarbigen Hintergründen (beispielsweise während Kates Action) und einem moderat detailreichen Umfeld (während ihrer Detektivarbeiten). Das wohl auffälligste Design-Element ist die „Hawkeye“-Sicht, die sich als violettfarbene Kreise über eine zu analysierende Umgebung legt. Daneben stehende Informationen geben manches Mal witzige Einblicke in Kates Denkmuster und lassen einen auf die anzugehenden Aktionen vorausblicken.

Der Stil

Die Koloration ist auch eher klassisch. Wenige Farbgradienten, viele einfarbige Flächen und nur partiell eingesetzte Schraffuren lassen sich in diesem Comic beobachten. Die Dynamik eines Panels wird des Öfteren mit Linien, die auf einen Fokuspunkt hinlaufen, um die fliegenden Pfeile erzeugt. Auch der Einsatz von „Soundwords“ wird nicht zu knapp genutzt. Aufgrund der sehr menschlich gebliebenen Handlung und den wenigen „Superhelden“-Absurditäten wirkt der gewählte Stil sehr passend und gibt dem Ganzen ein fundiertes, wenn nicht sogar klassisches Feeling. Die moderner werdenden „Moving-Shots“ (De-Luca-Effekt), also die mehrfache Zeichnung des Akteurs in einem Panel, sodass ein Bewegungsverlauf entsteht, werden hier aber auch genutzt. Dies schafft, die gehörige Eleganz und die Fähigkeiten der neuen „Hawkeye“ perfekt zu inszenieren.

Fazit
Mit „Hawkeye: Kate Bishop – Die Schnüfflern“ hat Kelly Thompson eine sympathische, jugendliche und vorlaute Version des coolsten Bogenschützen des Marvel-Universums geschaffen. Die witzigen Dialoge reihen sich exzellent in die doch recht bodenständige Handlung ein. Die sonst eher auf junge Teenager bezogenen Geschichten des Ink-Imprints haben einen kleinen Entwicklungsschub gemacht. Ein wenig älter, ein wenig frecher und auch düsterer kommt diese Ausgabe daher. Einige schöne visuelle Kniffe und sehenswerte Zeichnungen im Retro-Stil hat dieses Paperback auch zu bieten. Vor allem aber ist dieser Comic recht umfangreich, handlich und sehr unterhaltsam. Ein sich lohnender Tipp für alle Fans des gerade gestarteten „Hawkeye“-Serien-Franchise.
Pro
Umfangreich, handlich und sehr unterhaltsam - ein sich lohnender Tipp für alle Fans des gerade gestarteten "Hawkeye"-Serien-Franchise. Sehenswerte Zeichnungen im Retro-Stil und witzige Dialoge hat dieses Paperback auch zu bieten.
Kontra
Wenig Tiefe und ein Bruch der bodenständigen Hawkeye-Story.
6

Lars Hünerfürst

Minimalistisch und musikalischer Comic Enthusiast - lief zu Fuß von Berlin nach Paris.

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