Leonard Cohen – Like a Bird on a Wire

14. Oktober 2021
2 Minuten Lesezeit

Die Biografie ist ein etabliertes Genre, das seit vielen Jahrhunderten, vielleicht sogar Jahrtausenden die Art und Weise der Erzählung formte. Angefangen bei griechischen Sagen, die im Grunde nichts weiter sind als überspitzte Biografien einzelner Figuren, bis hin zu den mittlerweile wöchentlich erscheinenden Biografien nahezu jeder Person des öffentlichen Lebens. Umso spannender sind diese Werke, wenn in ihnen die Hybris des Menschseins, die schwachen Augenblicke, die Verletzbarkeit und der Erfolg so menschlich und nahbar wie möglich beschrieben werden. Seit nun einigen Jahren finden sich auch vermehrt Comic-Biografien in der bunten Landschaft der neunten Kunst.

Der Cross Cult Verlag hat sich einer dieser Biografien angenommen und in einem schön gestalteten Hardcover veröffentlicht, das den Namen trägt: Leonard Cohen – Like a Bird on a Wire.

Im Anhang dieses Buchs haben die Gestalter eine „Leonard Cohen Playlist“ mit kleinen Erläuterungen zu jedem Lied und einige Kurzporträts der wichtigsten Personen im Leben des Cohen angefügt.

Die Handlung

In dieser Graphic Novel beschreibt der Künstler und Autor Philippe Girard den künstlerischen Werdegang, die wichtigen Lebens- und Schaffensphasen einer der einflussreichsten und lyrischsten Musiker des letzten Jahrhunderts: Leonard Cohen.

In Kanada geboren, wuchs er mit jüdischem Hintergrund auf und avancierte während seiner Jahre an der Universität zum gefragten Lyriker und Autor. Doch wollte Cohen mehr:

„Aber ich habe keine Lust der Zauberer zu sein… Ich will die Magie sein!“

So trieb es ihn, ohne einen Abschluss zu machen, hinaus in die Welt. Er reiste viel durch Europa, lernte Künstler und Produzenten kennen, die ihn während seiner Reise zum Erfolg begleiteten.

Ein wiederkehrendes Motiv seines Lebens sind die Beziehungen zu Frauen, die oft kurzweilig und intensiv waren. Daraus bezog er, wie man schön bebildert lesen kann, seinen Quell der Inspiration. Einige berühmte Verflossene waren die Sängerin Janis Joplin, die Schauspielerin Rebecca De Mornay und seine langjährige und wegen Veruntreuung von Geldern belangte Managerin Kelley Lynch, um nur einige Beispiele zu nennen.

Mindestens ebenso häufig wie die wechselnden Verhältnisse zu Frauen, war sein Missbrauch zu jedweder Substanzen. Alkohol, LSD, Speed und viele Jahre genommene Antidepressiva formten seinen Alltag, seine Gedanken, seine Umgebung.

Häufig machte er schnell die Bekanntschaft mit den schillernden Figuren der Pop- und Folkmusik der 60er und 70er Jahre. So kreuzten sich seine Wege, die häufig zu Kollaborationen oder neuen Bekanntschaften führten, mit Lou Reed, Phil Spector (Produzent von The Beatles) und John Hammond (Produzent von Bob Dylan, Bruce Springsteen und Aretha Franklin). Viele dieser Menschen begleiteten „Leo“ viele Jahrzehnte.

All diese Erlebnisse, Phasen, Begegnungen und Entstehungsgeschichten zu Songs erzählt der Künstler Girard in Rückblenden. Beginnend in der letzten Nacht des Leonard Cohen, blickt dieser auf sein Schaffen zurück, häufig durch kleinste Assoziationen geweckte Erinnerungen. Es zeigt den schweren, langwierigen und manchmal frustrierenden Weg eines Künstlers, der mit seiner „Gentleman“ Art und Weise und viel harter Arbeit den Weg in die Geschichtsbücher der Musik geschafft hat. Seine bis heute beliebten Titel „Suzanne“, „Hallelujah“ und „Dance Me to the End of Love“ haben auf dem Musikstreamingdienst in grünen Farben teils mehr als 90 Millionen Aufrufe.

Der Stil

Die Comic-Biografie ist schlicht illustriert, mit klaren Linien gezeichnet und in warmen Farben koloriert. Das Flair der 60er und 70er Jahre lässt sich klar an der Kleidung der Figuren und der Farbwahl erkennen.

Im Stil der frankobelgischen Zeichnertradition erinnern die Panels manchmal an Rutu Modans Zeichnungen.

Die Figuren sehen teils karikiert, auf ihre besonderen Erkennungsmerkmale reduziert und daher treffend einfach aus. Man erkennt schnell, durch wenige Panels erzählt, welche Beziehung zu Cohen besteht, welche Charaktereigenschaften sich wohl beweisen werden und wie Leonard Cohen selbst zu ihnen stand.

Die episodische Erzählweise macht das Ganze zu einer interessanten Reise durch ein Leben. Philippe Girard zeigt die wichtigsten Phasen und Prozesse, persönlicher wie auch beruflicher Natur des Cohen, ganz ohne eine fingierte Handlung oder einen roten Faden erzeugen zu müssen. Der rote Faden ist schließlich das Leben des Musikers. Oder sollte man sagen, es sei das Kabel, auf dem die Vögel sitzen?

Fazit
Diese Biografie schafft Neugier um die Person Leonard Cohen. Außerdem kann sie inspirieren, die eigene Kunst nicht zu vernachlässigen. Denn sofern man etwas aus Biografien im Allgemeinen für das eigene Leben extrahieren kann, dann dass kein Weg ohne Verluste und Rückschläge einfach so passiert. Die Unnachgiebigkeit, die harte Arbeit und häufige Neuanfänge sind es, die den Lebenskünstler vom Hobbyisten unterscheiden. „Leonard Cohen – Like a Bird on a Wire“ zeigt dies ganz schnörkellos und hinterlässt einen bewundernden Eindruck für das Werk dieses Musikers.
Pro
Die Comic-Biografie schafft Neugier um die Person Leonard Cohen und hinterlässt einen bewundernden Eindruck für das Werk dieses Musikers.
Kontra
Nichts.
10

Lars Hünerfürst

Minimalistisch und musikalischer Comic Enthusiast - lief zu Fuß von Berlin nach Paris.

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