Mythen der Antike: Prometheus und die Büchse der Pandora (Graphic Novel)

22. Juli 2021
2 Minuten Lesezeit

Die antiken griechischen Sagen und Mythen sind ein echtes Phänomen. Nicht nur erzählen sie vieles über die Natur des Menschen, bilden Gleichnisse zu großen philosophischen Fragen und erklären ganz beiläufig, warum Objekte und Worte so bedeutungsgeladen sind, wie wir sie heute wahrnehmen. Auch sind diese Geschichten seit mehr als 2000 Jahren ständigen Wiederholungen, neuen Interpretationen und Adaptionen unterzogen.

So hat auch Luc Ferry als leitender Redakteur und Texter mit der Reihe „Mythen der Antike“ seine eigene Comicadaption begonnen. Viele der Götter des Olymps und Heldengestalten hat der Splitter Verlag bereits veröffentlicht und einige sehr spannende werden noch folgen.

Die Handlung

In diesem Hardcover Album werden zwei miteinander verknüpfte Geschichten erzählt. Zum einen zeigt diese Adaption den Entstehungsmythos der Menschen und Tiere. Andererseits entmystifiziert er den Begriff „Büchse der Pandora“ und zeigt dem Leser, worum es tatsächlich dabei geht.

Die Tiere und Menschen sollten aus einem sehr simplen Grund erschaffen werden. Den Göttern des Olymps wurde der Friede langweilig; es geschah nichts Spannendes mehr. So erhofften sie sich mit sterblichen Wesen etwas Abwechslung in ihren tristen Alltag zu bringen. Dafür bestellte Zeus keinen Geringeren als Prometheus, den Sohn eines Titanen, um sich von ihm diese Aufgabe erfüllen zu lassen.

Prometheus‘ (der Vorausdenkende) als nichtsnutzig dargestellter Bruder Epimetheus (der danach Denkende) wird mit der Aufgabe der Erschaffung der Tiere beauftragt. Dieser verwendete alle vorhandenen „Materialien“ (wie Klauen, Fell oder Flossen), um ein sehr ausgewogenes Ökosystem zu kreieren. Daher gerät Prometheus in Sorge über die Überlebenschancen seines felllosen, verteidungsschwachen und langsamen Menschen. Er schleicht sich in die himmlische Schmiede und stiehlt dort Feuer und Technologie, um sie dem Menschen mitzugeben.

Als Zeus dies erfährt, ist er schwer erbost und wird Prometheus wie auch den Menschen eine gerechte Strafe zukommen lassen. Er kettet den Sohn des Titanen an einen Felsen im Kaukasus, wo ihm jeden Tag ein Adler seine Leber aus dem lebendigen Leibe fressen wird. Dieser heilt bis zum Abendgrauen wieder, um für immer und ewig dort Qualen zu leiden.

Um den Menschen zu bestrafen, lässt er den göttlichen Schmied Hephaistos eine perfekte Frau entwerfen, die ihrem Wesen nach für emotionales Leid unter den Menschen sorgen soll. Zudem entwirft der Göttervater die „Büchse der Pandora“, in der er „Dinge“ versteckt, die uns allen allzu bekannt sind. Was genau dort drin steckt und was als einziges in der Büchse verbleibt, sollte man lieber in diesem tollen Comic lesen.

Der Stil

Die Szenaristin Clotilde Bruneau und der Zeichner Guiseppe Baiguera haben einen super modernen und liebevoll gestalteten Comic geschaffen. Der gesamte Look hat etwas Freundliches, sehr Ansprechendes. Die Zeichnungen zeigen klare Outlines, mehrfarbige Oberflächen, einige schöne Details in den Figuren und mystische Orte wie den Olymp.

Ziemlich zu Beginn nutzt das illustrierende Team eine Doppelseite, um die schnell eintretende Gewohnheit der Götter an ihrem neuen Frieden darzustellen. Die Panelstruktur im Allgemeinen ist eher konventionell und dem Erzählfluss sehr angemessen.

Die gewählten Farben sind alle ziemlich „freundlich“ in ihrer Stimmung, selbst in Szenen der Nacht wirkt die Darstellung „hell“. Das Thema, also die Mythologie, wird ihrer düsteren Seite ein wenig beraubt. Häufig sind die antiken Sagen ja schon sehr gewaltvoll und brachial. Dieser Comic macht – entgegen der Darstellung des Covers – einen anderen Eindruck beim Leser, der keinesfalls negativ zu bemerken wäre. Nach der bebilderten Geschichte folgt noch ein von Luc Ferry verfasster redaktioneller Text, der auch einige übersetzte Quelltexte Platons und Heriods enthält. Außerdem werden sehr interessante kleine „Klugscheißer-Fakten“ am Rande genannt: Die Bedeutung eines Rings mit gefasstem Stein oder der sprachliche Einfluss der griechischen Mythologie auf die französische Sprache.

Fazit
Die Reihe „Mythen der Antike“ scheint auf dem Comicmarkt ein kleines Juwel zu sein. Denn althergebrachte Sagen, so leicht und eingängig aufbereitet, finden sich selten. Der Stil ist sehr überzeugend und der redaktionelle Teil bietet weitere interessante Einblicke. Die Geschichte des Prometheus stellt zudem eine wirklich spannende Behauptung zum Menschen heraus: „Du hast sie zu Schöpfern gemacht, wie wir es sind. Und du hast sie zu Kriegern gemacht… Sie entwickeln sich rasend schnell, zulasten anderer Arten! Und sie haben sich die Sprache angeeignet… Jetzt ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis sie sich für Götter halten. Damit drohen sie die kosmische Ordnung zu vernichten…“ Eine wahrhaftige Empfehlung für jeden Fan der griechischen Mythologie, auch für Leser:innen, die dem Medium Comic vielleicht nicht so nahestehen.
Pro
Eine wahrhaftige Empfehlung für jeden Fan der griechischen Mythologie, auch für Leser:innen, die dem Medium Comic vielleicht nicht so nahestehen. Der Stil ist sehr überzeugend und der redaktionelle Teil bietet weitere interessante Einblicke.
Kontra
Teils ein wenig zu "glatt".
8

Lars Hünerfürst

Minimalistisch und musikalischer Comic Enthusiast - lief zu Fuß von Berlin nach Paris.

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