Quiet Girl: Geschichten einer Introvertierten

18. Oktober 2021
2 Minuten Lesezeit

Man sagt, dass jedem Menschen eine introvertierte und extrovertierte Seite inneliegt. Manch einem Menschen liegt der Rückzug in sich selbst, den Gedanken, der eigenen Komfortzone (dabei ist dieser Begriff äußerst wertfrei zu betrachten) und weg von oft stressbehafteten sozialen Kontexten einfach mehr. Die extrovertierten hingegen erfreuen sich an sozialen Kontakten, dem Drang sich mitzuteilen, sich darzustellen (auch dabei keine Wertung) und bevorzugen „die Bühne“ (in welcher Art und Weise auch immer).

Die aus Birmingham stammende Künstlerin Debbie Tung beschreibt in ihrem Jugendcomic „Quiet Girl“, welche Tücken und glücklichen Momente das Leben eines introvertierten Menschen mit sich bringt.

Erschienen ist die Kurzgeschichtensammlung beim Loewe Graphix Label des Loewe Verlags.

Worum geht es in „Quiet Girl“?

Debbie Tung nimmt die Leser:innen in ihren ein- bis zweiseitigen Comicstrips mit auf eine autobiografische Reise, beginnend zur Zeit als Studentin. Von der Lerngruppe über die ersten Dates bis hin zum Studentenalltag beschreibt sie in kleinen Szenen, wie sich die Gedankenwelt und damit einhergehend allerlei Probleme einer introvertierten Frau in Großbritannien gestalten. Dabei schafft sie es in ihren gezeigten inneren Monologen, viel Witz und Selbstironie zu transportieren. Sich ständig ihrer eigenen Wirkung auf andere Menschen bewusst zu sein, macht die Interaktion mit den selbigen häufig zum Hürdenlauf zwischen Scham, Enttäuschung und Angst.

So begleiten wir Debbie dabei, wie sie eines Tages ihren Mann kennenlernt, mit dem sie bis heute verheiratet ist. Dieser sei ein extrovertierter Mensch. Sie schafft es nicht nur, die Beziehung als solche, sondern auch viele kleine Szenen so liebevoll zu beschreiben und mit ihren Bildern leben einzuhauchen, dass einem häufig bekannte Paare oder Personen einfallen, denen es ähnlich geht oder ging.

Was tun, wenn man introvertiert ist?

Auch darauf hat die Autorin und Künstlerin eine Antwort. Man suche sich Strategien, mit seinen Ängsten, Sorgen und Gedanken umzugehen. Nicht so, dass andere dafür oder darauf stolz sein müssten, ganz im Gegenteil. Es sollte zum eigenen Wohle geschehen und man müsse sich akzeptieren und den eigenen Bedürfnissen folgen lernen.
Die grundpositive Art, dieses Thema zu behandeln, dabei auch nicht auszusparen, dass viele sehr ernste Probleme aus einem ungesunden Umgang mit den eigenen Wesenszügen entstehen können, macht diesen Comic so großartig.

Der Stil

Die Zeichnungen sind alle in Schwarz-Weiß gehalten und vermitteln aufgrund der minimalistischen Verwendung von Schwarz häufig einen hellen und leichten Eindruck.

Das Figurendesign ist ebenso schlicht, nahezu cartoonesk. Doch mehr bedarf es gar nicht, um den transportierten Humor zünden zu lassen.
Eines versteht die Künstlerin sehr wohl, den Einsatz von Mimik. Diese sieht häufig dem Stil der Manga entlehnt aus und funktioniert in diesem Rahmen ausgezeichnet. Ebenso nutzt sie öfter eine stehende Perspektive, in der sich die Akteure bewegen, manchmal auch aus dem Bild herausbewegen und fast schon an Memes erinnern.

Die emotional aufwühlenden Momente, die Augenblicke der Trauer und der Verletzung werden in dunklen Tönen illustriert. Im gesamten Comic verwendet Tung dafür die Aquarelltechnik. Nicht nur in Szenen bei Nacht, auch Alltägliches wird von der Künstlerin mit „Aquarellfarbe“ (grau und schwarz) zum Leben erweckt.

Als kleinen Kritikpunkt sollte man wohl das Lettering der deutschen Fassung anführen. Diese wirkt merkwürdig, rigide, gleichförmig und aufrecht im Vergleich zum englischen Original. Darin findet sich ein etwas weicheres Schriftbild, das dem Ton der Geschichte angemessener erscheint.

Fazit
„Quiet Girl“ ist ein wirklich schönes, lustiges und herzerwärmendes kleines Büchlein, in dem Debbie Tung ihre Welt beschreibt. Der Zeichenstil ist liebevoll und witzig auf seine Art, die Dialoge und Monologe beinhalten spannende Einsichten in die Gedanken eines introvertierten Menschen und die positive Grundhaltung lässt einen ganz vergessen, dass dies ein wirkliches Problem für manche Betroffene ist. Man kann dieses Buch problemlos verschenken und den Beschenkten mit dieser kurzweiligen und unterhaltsamen Lektüre eine große Freude machen.
Pro
Charmant, witzig, nachdenklich, leicht und unterhaltsam.
Kontra
Das Lettering der deutschen Fassung.
10

Lars Hünerfürst

Minimalistisch und musikalischer Comic Enthusiast - lief zu Fuß von Berlin nach Paris.

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