Sunny 3

29. Mai 2021
2 Minuten Lesezeit

Die Graphic Novel-Reihe Sunny erzählt behutsam und mit vielen Einblicken in alltägliche Lebenssituationen vom Leben in einem Kinderheim. Die „Sternkinder“ sind unterschiedlichen Alters und aus verschiedenen Gründen in diesem Heim gestrandet. Das Setting dieser Geschichte ist das ländliche Japan der späten 70er Jahre. Der Autor und Zeichner Taiyo Matsumoto verarbeitet seine eigene Kindheit in diesem Werk. Er schafft es, die Leser:innen in den feinen Zwischentönen und dem Nichtgesagten immer wieder emotional zu erreichen. Der Carlsen Verlag hat sich dem Werk dieses Autors angenommen und veröffentlich die gesamte Reihe in einem Paperback-Format.

Die Handlung

Der dritte Teil dieser Reihe beginnt in einem seichten Winterszenario und beschäftigt sich mit dem Leiter des Kinderheims. Es beschreibt anhand von Rückblenden und dem Besuch eines ehemaligen Heimkinds, wie intensiv eine jede Beziehung der Erwachsenen mit den Kindern ist. In diesem speziellen Fall erzählt Matsumoto, mit welcher Hingabe in diesem Heim für das Wohl der Kinder gehandelt wurde und wird.

In einer weiteren Episode zeigt diese Ausgabe, womit sich die Erwachsenen, die dort als Erzieher arbeiten, in ihrem Leben beschäftigen. Einer der Lieblinge der Kinder ist begeisterter Bergsteiger. Dies stets allein, weil er sich eingeengt fühlt, fast als würde er zwischen den gesellschaftlichen Idealen und seinem Streben nach einem erfüllten Leben entscheiden müssen. Dieses Kapitel fügt dem vorangegangen einen weiteren Blickwinkel auf das Leben in Japan der 70er Jahre hinzu.

Die folgenden Kapiteln werden dann vornehmlich wieder von den kindlichen Protagonist:innen Kiko, Megumu, Haruo, Junsuke und Sei getragen. Die Thematiken sind vielfältig, denn sie reichen vom Wunsch, endlich wieder zu den Eltern nach Hause zu kehren bis zum Genuss eines jeden kostbaren Moments mit den Eltern. So erfahren wir nun endlich, warum Junsuke ständig zu lange Fingernägel hat. Er genießt es, sich diese von seiner Mutter, die erkrankt im Krankenhaus liegen muss, schneiden zu lassen. Eine so kleine Sache wie Fingernägel schneiden wird zu einer Situation größter Verbundenheit.

Des Öfteren spielt Matsumoto mit solchen „kleinen“ Augenblicken, in denen sich einem die wirklichen Wünsche der Kinder eröffnen. Haruo will unbedingt von einem Fernsehmacher, Herrn Doi, adoptiert werden, der dort für ein paar Tage eine Reportage dreht. Nach der bitteren Erkenntnis, dass dies nicht geschehen wird, beginnt er zu lachen und behauptet, es sei eh nur ein Spaß gewesen. Dieser kindliche Trotz, der Selbstschutz vor dem tiefgreifenden Schmerz der Ablehnung und des nicht Geliebtwerdens, findet sich in dieser Ausgabe mehrfach.

Die Kurzgeschichten dieses dritten Bandes sind ebenso rührselig, unterhaltsam und nachdenklich wie die aus den vorigen Bänden. Die Charaktere wirken nun, da sie bereits einige Hintergründe und Ereignisse mit der Leserschaft teilten, allerdings nur umso melancholischer und im Grunde verletzlich und ängstlich.

Einer der prägendsten Sätze bringt auf den Punkt, womit sich wohl einige der Figuren identifizieren können. Megumu unterhält sich mit Haruo im Sunny, dem sicheren Ort der Kinder, und eröffnet ihm, dass sie ganz kurz Angst vor seiner Adoption hatte, denn:

„Wir bleiben alle zusammen hier und werden eine riesengroße Familie…Für immer und ewig…Das wäre voll schön.“

Der Stil

Anders als in den vorangegangenen Rezensionen muss an dieser Stelle der Stil gelobt werden. Es ist tatsächlich mehr eine Frage des Geschmacks, der Empfindung. Dieser dritte Band zeigt zudem wenige der vorher kritisierten entgleisten Gesichter, die mehr an Grimassen erinnern.

Vielmehr ist der Stil auffällig in seiner Art und Weise, eine Atmosphäre des Alltäglichen einzufangen. Weniges ist so unaufregend oder besonders wie eine Straße. Allerdings schafft es Matsumoto mit seinen Zeichnungen, die des Öfteren ebensolche Panels zeigen, Kontraste zu schaffen. Aufgeregtes Kindergerede wird beispielsweise (durch stille Bilder ganz unscheinbarer Ausschnitte des Lebens) in seiner Dynamik gebremst.

Auch die Art und Weise, Dimension in die Zeichnungen zu bekommen, ist mehr als ungewöhnlich: Viele eng liegende Linien, die durch die schiere Fülle Schattierungen an Objekten oder Menschen erzeugen. Wirkliche Schlagschatten an Figuren oder in der Umgebung werden mithilfe von Aquarell oder dünner schwarzer Tusche umgesetzt. Diese Mischung der Materialien lässt das gesamte Bild unwillkürlich vielfältig wirken.

Fazit
Auch der dritte Band von „Sunny“ hat es geschafft, Gefühle und Ereignisse auf eine unpathetische und herzliche Art darzustellen. Zwischen Humor über das fantasievolle Erleben der Kinder und Tristesse der tief vergrabenen Scham und Enttäuschung bewegt sich die Geschichte der „Sternkinder“. Die Figuren wachsen einem mehr und mehr ans Herz und man beginnt langsam, für die Kinder auf ein glückliches Ende zu hoffen.
Pro
Illustrationen, Figuren, Atmosphäre - hier stimmt alles.
Kontra
Nichts.
10

Lars Hünerfürst

Minimalistisch und musikalischer Comic Enthusiast - lief zu Fuß von Berlin nach Paris.

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