Superdeep

5. Mai 2021
3 Minuten Lesezeit

„Superdeep“ („Kolskaya sverhglubokaya“ im Original) heißt der 2020 in Russland erschienene Sci-Fi-Horror-Film von Regisseur und Autor Arseniy Sukhin, der dieses Jahr in Deutschland bei Koch Films erscheint.

Der Plot

Eine unbekannte Gefahr lauert in den Tiefen des Kola Bohrlochs. Das Team um die Epidemiologin Anya, gespielt von der noch wenig bekannten Milena Radulovic, soll unter Geleitschutz des Geheimdienstes und einigen Soldaten eine Mannschaft aus dem 12.000 Meter tiefen Kola-Bohrloch retten. Das tatsächlich existierende Bohrloch auf der Halbinsel Kola (nördlich des Polarkreises) dient in diesem Film als geheime Forschungsstation, in der auf unerklärliche Weise nur wenige Überlebende einen Hilferuf an die Oberfläche aussenden konnten.

Vor Ort angekommen, wird der Ernst der Lage schnell klar, denn einer der Forscher ist der Station entkommen und sprengt sich mithilfe einer Granate prompt vor den Augen der Neuankömmlinge in die Luft. Die Lage ist also wirklich sehr ernst und wirft Fragen auf. Kann das Rettungsteam um die Forscherin Anya der Gefahr entkommen und ihre Mission erfüllen?

Der Stil

Begonnen wird der Film mit einer POV (Point of View) Sequenz in schwarz-weiß, die definitiv ein sehr pfiffiger Einstieg in den Film ist und Spannung erzeugt. Weiterhin werden anfangs einige schöne Plansequenzen präsentiert, beispielsweise beim Erreichen der Forschungsstation, die eine gute handwerkliche Arbeit beweisen.

Die Farben von „Superdeep“ sind oft grün, schwarz und rot, wodurch Spannung und Horror erzeugt werden soll. Im Schnitt ist jedoch einiges schief gelaufen, denn es ist stellenweise extrem unübersichtlich, wo, wann und wer sich gerade warum irgendwo hinbewegt. Eine Orientierung in der Basis ist daher nahezu unmöglich, wobei dies auch damit zusammenhängen kann, dass man an vielen Stellen einfach nichts erkennt, da es so dunkel beziehungsweise schlecht beleuchtet ist.

Der gesamte Film nimmt sich eine Menge Inspiration von „Aliens“ (Alien 2, 1986) und „Das Ding aus einer anderen Welt“ (The Thing, 1982). Deren Stimmung wird versucht zu imitieren. Ebenso könnte man deren Plot hier fast schablonenartig anlegen und auch die Special-Effekts und Make-up-KünstlerInnen haben sich reichlich an den Vorbildern bedient. Dabei ist anzumerken, dass die vorhandenen Effekte nicht schlecht sind und die Kostüme und vor allem die Infizierten sowie das Monster ganz echte Make-up-Kunst sind. Nur sehr wenige Szenen lassen sich klar als CGI unterstützt erkennen, der Rest wurde in alter Tradition ganz real umgesetzt. Dafür kann man den Film mögen.

Kritik

„Superdeep“ ist dann leider aber gar nichts an dem Film. Der Spielfilm hat eine Länge von knapp zwei Stunden und entwickelt leider, bis auf wenige Momente, nicht die versprochene Tiefe.

Es fällt schwer, den Figuren zu folgen. Sie sind in ihren Gedanken undurchsichtig und sich nicht selbsterklärend. Auf ihrem Weg durch die Station bleibt man weite Teile verloren, was durch die sehr verwirrenden Schnitte und das zudem wenig Anhaltspunkte bietende Set-Design bestärkt wird.
In ihren Handlungen, die oftmals sinnloser und dümmer nicht sein können, bleiben sie dann allerdings konsequent unsinnig. „Ihr müsst mich hier unten lassen“, sagte dem Wortlaut nach der Major kurz nach seiner offensichtlichen Infektion, die bei der unbekannten Frau zum Mord an der Ärztin und der Infizierung des gesamten Krankenflügels führte. Keiner, aber wirklich keiner gedenkt danach zu handeln. Ganz im Gegenteil befiehlt er als Major, nur wenige Sequenzen später, seine Offiziere und Soldaten in den sicheren Tod und kommandiert den immer unwichtiger werdenden Geheimdienstler herum.

Allein die Tatsache, dass die besagte POV Einstiegsequenz und alle Szenen im selben Stil nur dreimal auftreten, keinerlei Relevanz für die Handlung haben und ab der Hälfte des Films gar nicht mehr auftreten, lässt mehr Fragen zurück. Es wirkt fast konstruiert, künstlich, aber nicht sehr künstlerisch.
In diesen Sequenzen geht es um die Wahrung der eigenen Prinzipien und aufgeladene Schuld in vergangenen Forschungen. Anya macht als Hauptfigur jedoch alles andere als Prinzipien zu wahren oder überhaupt eine einzige kluge Entscheidung zu treffen. Die als Elite-Wissenschaftlerin eingeführte Anya, wird als die schlauste Epidemiologin der Zeit beschrieben und handelt so unnachvollziehbar unklug, dass es einem an einigen Stellen vor Entsetzen fast den Laborkittel auszieht.

Dass der Film aus Russland kommt, ist nicht nur an den Namen und Kostümen zu erkennen. Inmitten des Films wird ein äußerst kontextloser Schnitt auf eine Pepsi-Dose gemacht, die von einem der Soldaten mit dem Fuß zertreten wird. Eine ausschließlich durch ihren fehlenden Kontext herausstechende Szene, auf die auch nicht mehr eingegangen wird. Sicher ist das mehr als ein „Special-Effekt“ in der Intention des Regisseurs oder Produzenten.

Ebenso fraglich ist die Rolle der Protagonistin. Sie ist zwar, als weibliche Hauptrolle streng den „Alien“-Filmen folgend, die Heldin dieser Geschichte, wird aber auch dann nicht bis zum Ende als unfehlbare Heldin präsentiert. Spätestens ab dem Zeitpunkt, ungefähr 20 Minuten vor Ende des Films, als sie nur noch in Unterwäsche durch die Gänge der Forschungsstation robbt oder vor der Kamera davonläuft. Dabei fällt natürlich der eine oder andere Shot auf ihre weibliche Form, womit ihr sämtliche Glaubwürdigkeit als starke moderne Frau genommen wird. Die Zurschaustellung ihres Körpers hat innerhalb der Handlung keinen logischen Grund und ist ebenso fingiert, wie manch Oberkörper freie Szene der aktuellen männlichen und stark hochtrainierten Superhelden-Darsteller. Anya lässt sich daher nicht wie „Ripley“ aus Alien verstehen, die auch ohne solch anzügliche Szenen eine gewisse Anziehung verkörpert. Anya bleibt der Spielball der höheren Mächte, namentlich ihrer Hörigkeit dem Geheimdienst gegenüber und ihrer Zuneigung für den Major. Selbst wenn Anya jemandem widerspricht, wird ihr Widerstand innerhalb weniger gewechselter Sätze gebrochen und sie folgt und tut, was man ihr abverlangt.

Fazit
Findet man Gefallen an horroreskem Mysterium, der großen unbekannten Gefahr im Dunkeln und einigen gelungenen Kostümen, so kann man „Superdeep“ bestimmt genießen. Andernfalls bietet der Film keine Ergänzung oder Erweiterung der Horror-Klassiker aus den Achtzigern. Der Film hat ein paar gute Momente, die jedoch so selten sind und so wenig stringent durcherzählt werden, dass man diesen Film auch ganz sorgenlos links liegen lassen kann.
Pro
Plansequenzen, Kamerführung, Make-up, Kostüme.
Kontra
Fahrig, verwirrend, konsequenzlose Handlung.
2

Lars Hünerfürst

Minimalistisch und musikalischer Comic Enthusiast - lief zu Fuß von Berlin nach Paris.

Schreibe einen Kommentar

Your email address will not be published.

Über Hünerfürst.de

Einer der bekanntesten deutschen Netzkultur Blogs seit 2009. Nils Hünerfürst und seine Familie schreiben hier auf Hünerfürst.de über Technik, Kultur, Essen und Videospiele.

Über den Autor

Lars Hünerfürst

Minimalistisch und musikalischer Comic Enthusiast - lief zu Fuß von Berlin nach Paris.

Sportwetten Tipps von Overlyzer
Vorheriger Beitrag

Der Redseligcast – Folge 29 mit Barbara Tampiér

Nächster Beitrag

Erik Spiekermann über Typografie

Letzten Beiträge von Blog

Der Magische Fisch

Der Comic „Der magische Fisch“ richtet sich, wie das Programm des Imprints Crocu des Ludwigsburger Verlags Cross Cult, ganz explizit an ein
Batman Justice Buster 2

Batman Justice Buster 2

In „Batman Justice Buster 2“ führt der Autor Eiichi Shimizu mit dem Zeichner Tomohiro Shimoguchi fort was sie im ersten Band groß

Dark
Light