Superman: Secret Identity

2. Juni 2021
3 Minuten Lesezeit

„Ist es ein Vogel? Ist es ein Flugzeug? Nein, es ist Superman!“

Wer diesen Satz noch nie irgendwo gehört hat, war wohl selten in der Welt der Superhelden unterwegs. Dieser Ausspruch ist so alt, wie das Genre selbst, denn er ist unmittelbar verbunden mit dem wohl ältesten und sicherlich bekanntesten Superhelden der Comicgeschichte: Superman. Er kann fliegen, ist unverletzbar, kann mit seinem Hitzeblick Metall schmelzen lassen, hat einen Röntgenblick, ist superschnell und der wohl stärkste Held, den es gab und gibt. Über die mittlerweile 83 Jahre lange Geschichte dieses Helden vom Planeten Krypton haben viele Hunderte Autoren und Zeichner ihre eigene Adaption des Kulturklassikers geschaffen. Die vorliegende Version des Superhelden in Rot und Blau ist eine, die von ganz besonderem Charme und einer anderen Perspektive nur so strahlt.

Der Meister des Alltäglichen, der menschlichen Perspektiven und der Analogien zwischen Mensch- und Heldsein, Kurt Busiek selbst, verfasste dieses Paperback. Der Künstler Stuart Immonen illustrierte die gesamte Geschichte – von der Bleistiftzeichnung bis zur Kolorierung. Die Entstehung dieses Werks, die vielen Stationen von der Idee bis zur Umsetzung, kann im Anhang nachgelesen werden und bietet interessante Einblicke. Erschienen ist dieses kräftige Paperback bei Panini Comics.

Die Handlung

Er ist ein ganz gewöhnlicher Junge, geboren in einer ganz gewöhnlichen Kleinstadt im mittleren Westen der USA. Doch hatten seine Eltern die wahnwitzige Idee, ihren Sohn Clark zu nennen, Clark Kent. Seine gesamte Kindheit musste Clark Witze über sich ergehen lassen, über die Tatsache, dass er so hieße wie der Held aus den Comics. Richtig gelesen, denn in dieser von Busiek erschaffenen Welt sind Superhelden nichts weiter als Figuren aus Comicheften.

Als intelligenter und sensibler Jugendlicher zieht er sich mehr und mehr in seine kleine Welt zurück. Schreibt Tagebuch auf einer alten Schreibmaschine und träumt von einem ganz normalen Leben, ohne ständig heruntergeputzt zu werden. Die von ihm verfassten Tagebucheinträge sind die Off-Sprecher-Boxen, die einen durch die Geschichte führen.

Jedoch passiert eines Tages etwas, das keiner – schon gar nicht Clark – für möglich gehalten hätte: Clark kann fliegen. Ungläubig über diese neuen Fähigkeiten und überwältigt von ihrer Tragweite, hadert er anfänglich damit, ob er sich überhaupt zeigen sollte oder vielmehr für immer im Verborgenen agieren müsste. Das Gerechtigkeitsgefühl und seine emphatische Art führen allerdings dazu, dass er zügig bei Notlagen zur Stelle ist. Dies bleibt nicht unbemerkt, obwohl die meisten glauben, dass sie sich alles einbilden.

So beginnt Busiek die Tragik eines Helden, der seine Privatsphäre und die seiner Familie schützen will, in einer ersten Phase zu beschreiben. Clark öffnet sich einer ambitionierten Journalistin, die sich bald als hintertriebene und falsche Person offenbaren wird. Mit ihr lernt Clark, wie schädlich es sein kann, der Gier und dem Ansehen hinterherzurennen.

Dies alles passiert im ersten der vier Kapitel. Im weiteren Verlauf verfolgen wir Clark Kent auf seinem gesamten Lebensweg bis ins hohe Alter. Wir erleben ihn, wie er jemandem seine erste Liebe gesteht, wie er sich einer Person öffnet und sein Geheimnis wirklich offenbart, wie er als geheimer „Agent“ für die Regierung arbeitet und vieles mehr.

Die sonst so gewaltigen und brachialen Bilder eines Superheldencomics finden sich hierin ebenso wenig wie übernatürliche und extraterrestrische Eindringlinge. Es ist eine Geschichte über einen Mann, der sein Inneres, sein Geheimnis, sein Ich bewahren möchte und mit der Welt einen Pakt schließt. Eine derartig vielschichtige und menschliche Geschichte findet man selten und sie ist absolut gelungen.

Der Stil

Die Zeichnungen sind gnadenlos gut. Wie im Anhang beschrieben, benutzt Immonsen eine Farbpalette, die der Werbung der 50er Jahre nahekommt. Dieser farbliche Charme, gepaart mit wundervollen Szenarien und einem Strich, der jedes Bild fabelhaft leicht erscheinen lässt, macht dieses Paperback zu etwas ganz Besonderem.

Viele Zeichnungen zeigen eine anspruchsvolle Mischform zweier Techniken. Die digitale Kolorierung fügt sich der analogen Zeichnung und andersrum. Viele Schattierungen und Schraffuren sehen aus wie mit dem Kohlestift oder Bleistift umgesetzt und bilden mit den vielschichtigen Farbverläufen einen komplexen Look. Die teils fotorealistischen Posen und Gesichtsausdrücke der Menschen geben diesem Werk seinen authentischen Look und ein realistisches Gefühl.

Zudem nutzen die Künstler einige Referenzen zu klassischen Superman-Comics, die sie als „Original-Zeichnung“ in ihre Erzählung einfügen. Diese Anspielungen sind teilweise abgesondert zu Beginn eines Kapitels, manchmal aber auch immersiv mit der Handlung verwoben. Dabei ist es sehr schön anzusehen, wie der Alterungsprozess bzw. das Altwerden generell verkörpert und dargestellt werden. Mit welchen feinen Unterschieden die Lebensphasen des Clark Kent ganz offensichtlich gemacht werden und ohne viel Kommentar einfach treffend sind, ist ganz wunderbar.

Fazit
„Superman – Secret Identity“ ist ein weiterer Meilenstein des Meisters Kurt Busiek. Die alltäglichen Probleme eines Menschen werden reflektiert und ihnen wird durch das Fantastische eine Dimension hinzugefügt, die sich uns Menschen als Gefühle oder Träume manchmal offenbaren. Jeder träumt davon, einmal fliegen zu können. Doch was, wenn es wirklich wahr würde? Wie würde man sich verhalten? Welchen moralischen Kodex würden wir einhalten und was würde dabei vielleicht an „Menschlichkeit“ verloren gehen? Viele weitere Fragen, die auch oft genug offenbleiben, um die Leser:innen zum Nachdenken anzuregen, werden in diesem fantastischen und sehr untypischen „Superman“-Comic gezeigt.
Pro
Ein weiterer Meilenstein des Meisters Kurt Busiek und ein fantastischer und sehr untypischer "Superman"-Comic.
Kontra
Nichts.
10

Lars Hünerfürst

Minimalistisch und musikalischer Comic Enthusiast - lief zu Fuß von Berlin nach Paris.

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