The Impure 1

12. März 2021
3 Minuten Lesezeit
The impure 1 cover

Ralf Singh und Hannes Radke haben mit dem beim Cross Cult Verlag erschienenen fulminanten und spannungsreichen Comic „The Impure 1“ etwas geschaffen, das sich spielend zwischen den Genres Science-Fiction, Dystopie und Abenteuer bewegt.

Das erste Buch hat mit seinen 128 Seiten leider nur drei Kapitel eigentliche Handlung, was tatsächlich der einzige Kritikpunkt an diesem Paperback ist. Doch kommen wir erst einmal zu dem, was „The Impure“ erzählen will.

Die Handlung und Themen

Wir starten mit einer Rückblende (vor 15 Jahren) und den beiden Hauptfiguren Minerva und Nero, die sich im Arm haltend auf einen gerade explodierenden Planeten starren. Die Worte:

„Man sagt, Vergebung sei göttlich… ich sage, verbrennt die Ungeheuer.“

The Impure, 2021, Cross Cult.

setzen den Ton für dieses actiongeladene und aufregend interessante Comic der beiden deutschen Schöpfer.

Minerva ist gerade im Begriff, einen Planeten zu unterwerfen und dabei einen Genozid zu vollenden, doch es kommt ein Moment der Klarheit und der Zweifel auf. Sie ändert ihr Vorhaben entgegen der Direktive ihrer Anführer, dem Cluster, und flieht mit dem letzten Überlebenden der Lakhans.

Diese Art Entität kann – der später im Comic eröffneten Fakten nach – die Realität mit ihrer Willenskraft verändern und hat der Menschheit den Weg zu interstellaren Reisen ermöglicht. Der Cluster bildete sich daraufhin und es wurde möglich, wodurch sich Minerva und ihr Bruder Nero auszeichnen: Sie sind technisch modifiziert und tragen eine M01-RA Einheit in ihrem Körper, mit derer sie zu übermächtigen und nahezu gottähnlichen Wesen werden. Sie werden ITO genannt und von allen anderen, selbst den Menschen auf der Seite des Clusters, als abstoßend angesehen. Sie können schier unglaubliche Wesen aus dem Tartaros als ihre Seelenmonster heraufbeschwören und sind somit in jedem Kampf nahezu unbesiegbar. Auch das Materialisieren von Waffen, Schilden und anderen Objekten ist mithilfe dieser Einheit kein Problem, was die eh schon ausladenden Kämpfe zu einem Action-Augenschmaus machen.

Das Geschwister-Gespann Minerva und Nero wird komplementiert durch den ebenfalls im Cluster arbeitenden, aber offensichtlich im geheimen für den Widerstand agierenden Augustus. Dieser hat eine enge Beziehung zu Minerva und Nero, und er versucht trotz der totalen Kontrolle der Planeten durch das Cluster einen Aufstand zu koordinieren und plant wohl Größeres. Hier deuten die Autoren bisher nur an und spannen so einen Bogen, dessen Pfeil hoffentlich in den folgenden Büchern ein ebenso interessantes Ziel treffen wird.

Eine Fülle an Mythologie

Die durchgehenden Referenzen zu griechisch-römischen Mythen in The Impure 1 sind offensichtlich.
Der Tartarus/Tartaros ist ein Teil der Unterwelt, dem Hades, aus dem die Monster beschworen werden.
Minerva, das römische Äquivalent zur Göttin Athene der griechischen Mythologie, ist die Göttin der Weisheit, des taktischen Krieges und Hüterin des Wissens. Diese Qualitäten lassen sich alle par excellence auf die Figur Minerva in „The Impure“ anlegen und bereiten viel Vorfreude auf den weiteren Verlauf der Geschichte.
Augustus, der Großneffe Julius Caesars, war Roms erster Kaiser und bekannt dafür, ein bereits bestehendes System in ein neues zu wandeln. Er beendete zudem eine Ära der Bürgerkriege, ob dies wohl ein Wink mit dem Zaun sein kann?
Nero, der bisher streitbarste Charakter dieses Comics, zeichnet sich in der bisher gezeigten Handlung als extrem loyal und unreflektiert aus. Die historische Vorlage zeichnete sich durch eine Affinität zur Kunst, eine unter Historikern umstrittene Rolle beim Untergang des Römischen Reichs, sowie dem wohl bekanntesten Akt aus, dem Anzünden Roms in seinen letzten Tagen als Kaiser. Nero war der letzte Kaiser der julianisch-augustinischen Familie. Auch unser Held Nero, der die Odyssee Homers permanent mit sich trägt, da dies das letzte Stück physische Erinnerung an seine Mutter ist, wirkt wie eine Figur innerer Zerwürfnisse.

Die angedeuteten Themen von Rassismus, einer Gesellschaft, die immer noch auf Oberflächlichkeiten urteilt, und der Suche nach Frieden und einer Heimat deuten sich schon im ersten Band an. Die beiden Autoren Singh und Radke haben einen wirklich fantastischen ersten Band vorgelegt, der viel Spaß macht und nach mehr verlangt.

Die Stilistik

Zeichnerisch ist dieses Comic auf sehr hohem Niveau. Ein Stil, der sich zumal einige Male an Mangas anlehnt mit seinen „Tropfen der Peinlichkeit“ oder der Mimik der Frustration in humoristischen Momenten. Tatsächlich scheint es so, als hätte man hier einen sehr detailreich gezeichneten Manga vor sich, den man dann auch noch zusätzlich fantastisch koloriert hat.

Die Farben, die Effekte in den Kämpfen und die Farbstimmungen sind super. Das Cover, auf dem Nero und seine Beschwörung des Tartaros zu sehen ist, lässt die Dichte an Details und die Stimmungen der Koloration erahnen. Doch bieten die Figuren noch um einiges mehr. In einigen Panels, die recht konventionell angeordnet sind, sehen die Figuren doch recht „edgy“ und dreckig, abgenutzt oder abgekämpft aus. Es schafft eine Atmosphäre des extrem technologisierten Weltraums, der mithilfe von Magie und Nano-Technologie das Universum unterjochen könnte.
Allerdings macht „The Impure 1“ etwas, das jedes Herz höherschlagen lässt, wenn es darum geht, actionreiche Kämpfe zu inszenieren. Denn die Figuren sind ja befähigt, sich zu „verwandeln“, sich eine Rüstung wachsen zu lassen, die im Film oder Serie bestimmt grandios aussehen würde.
Im Comic sieht sie auch mehr als genial aus und zieht den Leser in eine technologisierte mythische Welt, die interstellare Konflikte in coolster Manier darstellt.

impure cover
Fazit
Es sind zwar nur drei Kapitel Haupthandlung, aber man erhält zudem drei weitere kleine Episoden der jeweiligen Hauptfiguren Augustus, Minerva und Nero. Diese wurden mit dem Autor konzipiert, aber von Gastzeichnern umgesetzt, was dem ganzen Comic einen weiteren Kniff gibt, optisch und inhaltlich. Zudem haben die Macher dieses Comics eine umfassende Skizzengalerie, einen Auszug eines noch folgenden Kapitels in der Tuschzeichnung, eine Variant-Covergalerie und eine Seite der Erklärung, wie sie zu ihrer Typologie kamen und wie sich die farblich unterschiedlichen Off-Sprecher-Boxen erklären lassen, angehängt. Dies ist ein Fan-Service, der dem ganzen Comic einen so runden Eindruck gibt, dass sich wirklich große Hoffnung auf die folgenden Bände dieser wahnsinnig coolen Geschichte bilden lässt. Cross Cult hat diesen ursprünglich als „Kickstarter-Kampgange“ initiierten Comic dieses Jahr der breiten Masse der Leser in diesem hervorragenden Paperback zugänglich gemacht. Es ist ein echt überraschender Comic aus deutscher Feder, der Begeisterte der Sci-Fi sofort mitreißen wird und – wenn es so weiter geht – eine großartige konfliktgeladene Geschichte werden kann.
Pro
Eine grandiose Science-Fiction-Welt, in der großartige Charaktere mit ihren Fähigkeiten einen interstellaren Kampf ausfechten.
Kontra
"Nur" drei Kapitel lang.
10

Lars Hünerfürst

Minimalistisch und musikalischer Comic Enthusiast - lief zu Fuß von Berlin nach Paris.

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