X-Men Neustart 1 – Neue Ufer

27. Mai 2021
3 Minuten Lesezeit

Nachdem Jonathan Hickman mit seinem extrem umfangreichen und die Gesetze und Gegebenheiten der Welt der X-Men verändernden Event House of X/Powers of X einen neuen Maßstab gesetzt hat, fahren die X-Men wieder einen interessanten Kurs. Auch an diesem Start einer fortlaufenden X-Men Reihe seit 2019 schrieb der vormals bekannte „Fantastic Four“- und „Avengers“-Autor, der zudem mit „Secret Wars“ das Marvel-Multiverse beendete, mit und führt den Kurs der X-Men fort.

Die Handlung

Der Status quo der X-Men soll hier kurz umrissen werden.

Es bildeten sich unvermittelt mehrere Inseln, die selber Mutant sind und nur Mutanten über willkürlich aufgetretene Portale Zugang gewähren. Auf ihr leben nun alle Mutanten, egal ob extrem egoistisch wie Sinister oder Apocalypse oder extrem altruistisch wie Charles Xavier. Die Inseln bieten viele Vorteile: Blumen, die zu Medizin verarbeitet werden können und für alle Menschen (Homo sapiens und Homo superior) enorme Zugewinne bedeuten, so etwas wie einen geeinten Staat, in dem sich die Mutanten nicht vor Verfolgung und Genozid fürchten müssen, und zu guter Letzt die Möglichkeit, mithilfe eines von Professor X erdachten Weges das Bewusstsein in einen Klon zu verpflanzen, schlichtweg Unsterblichkeit.

Wir beginnen diesen Band mit Cyclops, wie er seine erste „schusssichere“ Brille von Professor X erhält. Scott Summers (Cyclops) Familie ist auf dem Cover bereits zu sehen und es dreht sich viel um und über die einzelnen Mitglieder dieser.

Doch zuerst einmal greift die Gruppe um Cyclops und Magneto ein Forschungslabor an, in dem Mutantenkinder gefangen gehalten werden, um an ihnen zu experimentieren. Das Orchis-Projekt, eine hochtechnisierte Elitegesellschaft aus Forschern, baut verbesserte Sentinels (Killer-Roboter gegen Mutanten) und forscht daran, wie sie die Bedrohung der Mutanten auslöschen können. Ihre eigens dafür eingerichtete und die Sonne umkreisende Station, basierend auf Bauplänen Tony Starks (Ironman) und Reed Richards (Mr. Fantastic), wird vom Direktor Devo und Dr. Gregors geleitet und scheint kurz davor, einen Durchbruch beim Bau neuer Sentinels zu erlangen.

Urplötzlich tritt eine neue Insel auf, die vulkanisch aktiv ist. Darauf befinden sich Monster und ein Beschwörer, der – wie sich herausstellt – ein Enkel von Apocalypse ist. Cyclops und seine beiden Kinder Cable (Nathan Summers) und Marvel Girl (Rachel Summers) wollen herausfinden, was der Grund für das Auftreten sowie die Quelle der aggressiven Monster ist. Die Insel verwächst im Verlauf einer Konfrontation mit dem vorerst namenlosen Meisterbeschwörer der Arakko mit Krakoa. Arakko wird hier erklärt als eine Art Unterwelt. Krakoa und das neu entstandene vulkanische Riff Arak sehnten sich nacheinander und kommen nach der Vereinigung zur Ruhe.

Nahezu zeitgleich entsteht ein Problem auf den Feldern Krakoas. An dem Ort, wo die magischen und wunderheilenden Blumen angebaut werden, betreten Menschen Krakoa. Eigentlich unmöglich für Menschen, schaffen sie es doch und wollen sich der Blumen bemächtigen. Es stellt sich heraus, dass die Gruppe eine radikale Vereinigung Botanikerinnen ist, die ihre eigenen Pläne zur Massenvernichtung der Menschen durchführen wollen, mithilfe von Pflanzen versteht sich.

Zum Ende der ersten vier Kapitel wohnen die Vertreter Krakoas, das stille Konzil, einem Kongress der Weltmächte bei. Diese haben Fragen an die Führer Krakoas, um deren Motive und Methoden zu hinterfragen und ob sich die Menschheit vor den Mutanten fürchten muss. Wie auch zu Anfang dieses Paperbacks werden in diesem Kapitel viele interessante, wenn auch radikale Gedanken und Behauptungen aufgestellt, die das Handeln der Menschheit und den Umgang mit ihrer eigenen Verantwortung zu einer besseren Zukunft betreffen.

Eine bereits eingeführte Figur spielt im vorletzten Kapitel eine größere Rolle. Der Anti-Materie Mutant Serafina betritt den „Vault“, einen Raum, der unter anderen physischen Gegebenheiten operiert. Ein Team aus drei Mutanten wird dafür ausgewählt, diese dort herauszuholen. Jedoch bleibt es dabei, dass sie den Vault betreten. Sie kehren erst mal nicht zurück und haben wohl bereits mehrere hundert Jahre innerhalb des Vaults verbracht, da dort die Zeit anders funktioniert.

Im letzten Kapitel spielt Mystique, alias Raven, eine essenzielle Rolle. Sie wird möglicherweise (bisher nur angedeutet) eine größere Antagonistin, da sie aus Liebe zu ihrer bereits verstorbenen Frau gegen die Interessen Krakoas handeln könnte.

Diese vielen Handlungsstränge macht der erste Paperback auf, löst nur wenige davon auf und hinterlässt den Leser mit einer großen Menge Fragen, ungelösten Dilemmata und neuen Figuren, die hoffentlich in den folgenden Ausgaben zu Ende geführt und auserzählt werden.

Der Stil

Die ersten vier Kapitel, gezeichnet von Leinil Francis Yu, zeigen einen Stil, der eine ansehnliche Mischung aus einem modernen, glatten Comic-Stil und den Zeichnungen der letzten Jahrzehnte darstellt. Gesichter und Hintergründe erhalten Tiefe durch Schraffuren und einen recht angenehmen Detailgrad, der der Umgebung und den Charakteren ein gewisses Alter und Reife anhaftet.

Das fünfte Kapitel, von R.B. Silva gezeichnet, zeigt hingegen Figuren, die einen gewissen Glanz mit sich bringen und ein Krakoa, das noch wilder und natürlicher aussieht. Darin finden sich auch einige sehr schön illustrierte Panels und Doppelseiten, die eindrucksvoll das Innere des „Vault“ zeigen.

Das letzte Kapitel hat Matteo Buffagni gezeichnet und bietet einen ganz anderen Stil. Es wirkt realistischer, echter. Dies kann auch durch die Kolorierung verstärkt sein und hat seinen ganz eigenen Charme. Die Zeichnungen sehen etwas kantiger aus und tragen ihren ganz eigenen Look, der für dieses Kapitel thematisch sehr passend ist.

Allen Kapiteln sind einzelne Seiten einfügt, die das vorherig Erzählte in einer Art Faktenblatt noch mal erläutern, Hintergründe erklären und Informationen zusammentragen, was das Verständnis erleichtert und Wichtiges zusammenfasst. So zeigt eine dieser Seiten beispielsweise den Aufbau der Summers Residenz mit detailliertem Lageplan aller Zimmer. Das Design dieser Faktenblätter hat denselben Look wie die in Hickmans großem X-Event gezeigten Seiten. Es sieht einer Akte, einer geheimen Information oder einem Protokoll ähnlich.

Fazit
Die „X-Men“ zeigen sich hier als eine vielversprechende, wenn auch komplizierte und manchmal mehr Fragen stellende als beantwortende Reihe, die sicherlich auch in den folgenden Ausgaben einiges an Politik- und Gesellschaftskritik innehaben wird. Jonathan Hickman hat bereits mit „House of X/Powers of X“ bewiesen, dass er sich darauf versteht, lange Handlungsbögen zu erzählen. Die hierin erzählten Handlungsstränge deuten einen roten Faden an, den man leichter versteht, wenn man die aktuell laufenden Reihen „Marauders“ und „Wolverine – der Beste“ zurate zieht. Darin wurden die wirtschaftlichen und politischen Konflikte der Mutanten mit den Menschen bisher mehr behandelt und können daher einige Fragen lösen. Neben den sehr bekannten Figuren wie Wolverine, Storm, Cyclops und Jean Grey werden auch neue Figuren eingeführt, die entweder schon aus anderen eigenen Reihen bekannt sind oder gänzlich neu erdacht wurden und auch einiges an Potenzial für spannende und unterhaltsame Geschichten aus der Welt der Homo superior versprechen. Für Neueinsteiger in die X-Men Materie wirkt dieses Paperback jedoch nicht unbedingt geeignet, denn es führt etwas fort, was Hickman in seinem großen Event bereits angefangen hat.
Pro
Coole Figuren, X-Men Action, Illustrationen.
Kontra
Keine stringente Handlung, viele offene Fragen, wirkt etwas ziellos.
7

Lars Hünerfürst

Minimalistisch und musikalischer Comic Enthusiast - lief zu Fuß von Berlin nach Paris.

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