Die traurige Wahrheit über Service Animals in den USA

5. Juli 2024
4 Minuten Lesezeit

Nils hat mir kürzlich ein Video von Steve-O geschickt und gesagt, das müsse ich mir unbedingt anschauen. In dem Video geht es um die persönlichen Erfahrungen, seinen Rescue-Hund aus Peru als Service Animal zu trainieren, registrieren und dann überall auf seiner Tour mitnehmen zu können. Die Tatsachen, die Steve-O dort aufzeigt, sind erschreckend aber erklären mir persönlich so einiges, denn ich bin schon so einigen Service-Animals begegnet, die sich so gar nicht dementsprechend verhalten haben. Was also muss man tun, um ein Service-Animal zu registrieren? Welche Vorteile hat man dadurch? Was ist der Unterschied zu Emotional-Support-Animal? All diese Fragen klären sich grade auf dem Weg, unseren Akita Moro zu einem Service-Animal zu küren

Service-Animal vs. Emotional-Support-Animal

Unser Moro ist mittlerweile schon ein Emotional-Support-Animal. Das war nicht wirklich freiwillig, um aber eine Wohnung beziehen zu können, mussten wir einen sogenannten Emotional Support Letter von einem Arzt erhalten, der aufgrund irgendeiner Erkrankung des Hundehalters deinen Hund als notwendig für das tägliche Leben erklärt. Der Hund, Rasse, Verhalten und co. spielt dabei keine Rolle. Somit konnten wir obwohl die Rasse Akita bei vielen auf der ‘Verboten-Liste’ steht trotzdem einziehen. Einfaches googeln reicht schon, um ein paar nicht ganz legale Angebote zu finden, wo sich Ärzte anbieten, für ein paar Scheine ($100 waren es für uns) dieses Attest auszustellen. Und somit haben wir nun ein Emotional-Support-Dog. Dazu gab es auch einen Ausweis, mit dem man zwar nicht wirklich was machen kann, aber dieser hat uns in so einigen Hotels schon die Hundegebühr erspart, denn niemand guckt wirklich auf diesen Ausweis.

Ein Service Animal hingegen darf nicht von seinem Halter getrennt werden. Das bedeutet, man darf ihn mitnehmen in Läden, Restaurants, Flugzeug und co. Eben überall, wo Hunde eigentlich nicht erlaubt sind. Aus Deutschland kennt man Service Animals fast nur als Blindenhunde. Es gibt eigentlich nur zwei Voraussetzungen für einen Service-Hund, eine Behinderung, die ihn erforderlich macht und die Ausbildung des Hundes. So ist es aber eben nicht hier in den Staaten!

Hund oder Accesoire

Während man in Deutschland in jedem Dorf eine Hundeschule antrifft, ist das Äquivalent hier ein Hundehotel und/oder Spa’s. Was schon einiges aussagt. Ich habe noch nie eine Hundeschule gesehen! Es gibt hier und da selbsternannte Hundetrainer, die eher nur die Hunde Gassi führen, meistens gleich mehrere, wie man es aus Filmen oder Serien kennt. Aber gut erzogene Hunde gibt es äußerst selten. Woran es liegt, dass Hunde hier keine Erziehung bekommen kann ich mir nicht erklären. Viele Hunde werden hier eher wie Kinder oder gar Accesoires behandelt. Es wird viel Geld ausgegeben für Jäckchen und Hundefrisör oder eben für Tagesbetreuung, während man arbeiten ist. Schon an den vielen Pipipfützen direkt vor unserem Apartmentkomplex oder manchmal auch im Hausflur kann man die Hunde und deren Halter gut einschätzen. Denn fast alle unserer Nachbarn gehen mit ihren Hunden nur eben mal Pippi vor der Tür machen, nie aber spazieren. Durch das viele vor der Tür urinieren haben die Hunde oft auch ein extremes Revierverhalten, denn sie haben das Haus ja makiert. Ich könnte hier jetzt Seite über Seite mit solchen Dingen füllen, aber darum geht es eigentlich nicht. Unser Moro hat zum Glück eine tolle Erziehung von früh an in der Hundeschule JoBaDog erfahren und wir können das Wissen bis heute gut nutzen und gefährlichen Situationen mit anderen Hunden entgehen.

Leider ist der Weg vom Welpen zum ausgehfähigem Hund hier nicht der, den man sich wünscht. Entweder man gibt „schwierige“ Hunde, was halt oft nur unerzogen ist, direkt in den Hundeshelter oder man schläfert ein. Dafür braucht es nämlich auch nur die Wunschäußerung vom Halter und schon ist der Hund ade.

Der Weg zum Service-Animal

Nun aber zum eigentlichen Thema! Service-Hunde sieht man hier sehr oft. Durch das Geschirr mit der Aufschrift erkennt man sie, nicht aber am Verhalten. Denn schon oft habe ich es erlebt, dass ein sogenannter Service-Hund in irgendeiner Form auf Moro reagiert hat. Und das sollten grade diese Hunde nicht tun. Nachdem ich mir also das Video von Steve-O angeschaut habe, haben wir uns auch einfach einen Ausweis bei amazon.com bestellt. Und das war es auch schon! Moro ist damit ein eingetragener Service-Hund. Alle wichtigen Daten befinden sich auf dem Ausweis, dazu ein QR-Code, der auf die Website US Service Dog Registry führt und ihn verifiziert. Da ich dem ganzen nicht ganz traue, habe ich mir die FAQ’s der ‚Americans with Disabilities Act (ADA)‚ Website angeschaut. Und erschreckenderweise sind die wichtigsten Voraussetzungen nicht erforderlich. Ein Hund muss kein spezielles Training erhalten, der Halter kann ihn selbst trainieren. Man darf nicht gefragt werden ob man eine Behinderung hat oder welche man hat, dadurch kann keiner überhaupt hinterfragen, ob man einen Service-Hund benötigt.

Zwar weist die ADA darauf hin, dass es viele Anbieter für Fake-Lizenzen gibt und diese nicht gültig sind, das ist aber letztendlich kaum nachzuweisen. Das ganze System ist völlig vermurkst, nur wenn man sich intensiv damit beschäftigt und alles hinterfragt, findet man heraus, dass es alles halb-legale Seiten sind. Aber da eben die Eintragung im Register stattfindet und der Ausweis echt wirkt und vor allem niemand am Flughafen, in Hotels oder im Supermarkt der nicht selber vielleicht einen (echten oder unechten) Service-Hund hat darauf geschult ist, zu erkennen ob echt oder nicht, kommt man scheinbar sehr weit mit diesem Fake-Titel.

Assistenzhund Moro

Warum wir nun den ganzen halb-legalen Spaß mitmachen? Für uns gibt es nur wenige Gründe, Hundegebühren in Hotels sparen und ihn in National Parks und Restaurants mitnehmen. Schon mit der Emotional Support Karte haben wir fast alle Hundegebühren auf unserem Roadtrip einsparen können, mit der Service-Animal Karte können wir uns sicher sein nichts zahlen zu müssen und wir können unsere Hotelsuche sogar erweitern und dürfen Hotels buchen, wo Hunde eigentlich nicht erlaubt sind. Den der nächste Roadtrip steht vor der Tür und wir haben rund 15 Hotels vor uns, was bei einer Hundegebühr zwischen 25€ und 50€ sich schnell zu einer enormen Summe addiert.

Weitere Gründe sind für uns nicht des Geldes wegen, sondern zum Wohle des Hundes. Auf unserer Rundreise wird es heiß, wir werden öfter Pausen in Restaurants und Cafes machen, der Hund kann unmöglich im Auto bleiben und auch draußen zu warten ist oft unpraktisch. Mit diesem Ausweis kann auch er sich mit uns ein bisschen im Land der Klimaanlagen runter kühlen. Und auch viele National Parks verbieten Hunde, was wir damit umgehen können.

Wer es weiter treiben möchte, kann mit diesen Ausweisen zum Beispiel den Hund mit ins Flugzeug nehmen und braucht nicht einen Cent dafür zu zahlen. Probieren werden wir das definitiv nicht, aber es funktioniert, wie wir anhand von verschiedenen Hundebegegnungen im Flugzeug schon erlebt haben.

Annegret Hünerfürst

Geboren in der selben Woche, in der die erste Website online kam - gelernte Diätassistentin und Mutter von zwei Kindern

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Über Hünerfürst.de

Einer der bekanntesten deutschen Netzkultur Blogs seit 2009. Nils Hünerfürst und seine Familie schreiben hier auf Hünerfürst.de über Technik, Kultur, Essen und Videospiele.

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Annegret Hünerfürst

Geboren in der selben Woche, in der die erste Website online kam - gelernte Diätassistentin und Mutter von zwei Kindern

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